Welt-Hepatitis-Tag
Beim von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufenen Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli denkt man nicht als erstes an Krebs. Doch die Viren, die die Leberentzündung Hepatitis verursachen, können auch onkologische Erkrankungen begünstigen.
Weltweit geht etwa jede sechste Krebserkrankung auf eine Infektion mit Viren oder anderen Krankheitserregern zurück. Die Häufigkeit dieser Krebsart hat sich in den letzten 40 Jahren verdoppelt. Laut Robert Koch-Institut muss für das Jahr 2022 mit einer Zunahme der Neuerkrankungen auf insgesamt 10.500 gerechnet werden. Leberkrebs ist bislang schwer behandelbar und hat eine schlechte Prognose.
Risikofaktoren für die Entwicklung von Leberkrebs
Wichtigster Risikofaktor für Leberkrebs ist in unseren Breiten, neben hohem Alkoholkonsum, eine Infektion mit den Hepatitisviren B und C. Eine chronisch verlaufende Infektion mit diesen Hepatitis-Viren führt zu komplexen Prozessen in der Leber, die mit einer starken Vernarbung des Gewebes einhergehen (Zirrhose) und dann zu Leberkrebs führen können.
Auch eine Nicht-alkoholbedingte Fettlebererkrankung, die zum Beispiel als Folge der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) oder Fettleibigkeit (Adipositas) auftritt, ist hierzulande ein relevanter Risikofaktor für Leberkrebs. Rauchen und einige erblich bedingte Stoffwechselerkrankungen erhöhen ebenfalls das Erkrankungsrisiko.
Zusätzlich zu den genannten Risikofaktoren können chronische Entzündungen oder Steine in den Gallenwegen das Risiko für Karzinome der Gallengänge innerhalb der Leber erhöhen.
Zunahme der Erkrankungszahlen
Dass mehr Menschen als noch vor 40 Jahren an Leberkrebs erkranken und sterben wird zum einen mit hohen Raten von Hepatitis-C-Infektionen in den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren und zum anderen mit hohem Alkoholkonsum sowie dem Anstieg von Adipositas und Typ2-Diabetes mellitus in Zusammenhang gebracht. In westlichen Ländern werden bis zu 38 Prozent aller Fälle von Leberkrebs allein auf erhöhten Alkoholkonsum zurückgeführt. In Europa und den USA leiden inzwischen 40 Prozent der Bevölkerung an einer Nicht-alkoholbedingten Fettlebererkrankung.
Mehr zum Einfluss des eigenen Lebensstils auf das Krebsrisiko
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert in der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung alle Länder ausdrücklich dazu auf, Maßnahmen zur Bekämpfung der Virushepatitis zu ergreifen.
Gegen Hepatitis-B kann man sich impfen. Eine vorbeugende Hepatitis-C-Impfung gibt es bislang nicht. Seit Ende 2020 haben Versicherte auf Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Rahmen der Gesundheitsuntersuchung (früher "Check-up 35") ab dem vollendeten 35. Lebensjahr Anspruch auf ein einmaliges Screening auf Hepatitis B und -C. Erkannte Erkrankungen können durch Medikamente behandelt werden, die die Vermehrung der Viren bremsen und so der chronischen Entzündung des Lebergewebes und den weiteren, langfristigen Folgen der Infektion vorbeugen. Menschen, die eine Leberzirrhose oder chronische Hepatitis haben, sollten regelmäßig Ultraschall-Kontrollen angeboten werden.
Aktualisierte Leitlinie
Seit Juni 2021 gibt es die S3-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome. Hierin werden die verschiedenen molekularen Veränderungen berücksichtigt, die Angriffspunkte für neue Therapien darstellen. Zudem wurden die Behandlungsoptionen des HCC um neue Therapieverfahren ergänzt, die in den Tumorstoffwechsel eingreifen. Zum Zeitpunkt der Vorversion der Leitlinie konnte nur ein solcher Wirkstoff evidenzbasiert empfohlen werden. Zwischenzeitlich sind mehrere und z.t. wirksamere Substanzen hinzugekommen.
Forschung für weniger Leberkrebs
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiierte und förderte bereits 2002 das „Kompetenznetz Hepatitis“ und seit 2012 das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) mit dem Forschungsbereich Hepatitis. Beide Institutionen haben zum Ziel, Diagnostik, Behandlung und Prävention von Hepatitis durch Forschung zu verbessern. Einige erfolgsversprechende Ansätze hieraus sind bereits auf dem Weg in die klinische Anwendung.
Um die Heilungschancen bei schwer heilbaren Krebsarten wie Leberkrebs zu verbessern, startet im Juni 2022 die Forschungsausschreibung "Neuartige translationale Ansätze zur Bewältigung der Herausforderungen schwer behandelbarer Krebserkrankungen von der Frühdiagnose bis zur Therapie" im europäischen TRANSCAN-3-Programm unter Beteiligung des BMBF.
Förderung im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs
Im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs fördert das BMBF das Verbundprojekt LiSyM-Krebs, das nach neuen Ansatzpunkten für Verbesserungen in der Früherkennung und Prävention von Leberkrebs sucht. Denn früh erkannt kann die Krankheit erfolgreicher behandelt werden.
Die Aufklärung grundlegender Mechanismen bei der Entstehung von Leberkrebs und die Entwicklung von Diagnosetools und Präventivmaßnahmen sind dafür essenziell. Im Fokus der Maßnahme stehen die biologischen Schlüsselprozesse, die zu Leberkrebs führen können. Basierend auf diesen Erkenntnissen sollen über innovative systemmedizinische Forschungsansätze neue und verbesserte Verfahren zur Frühdiagnose und Prävention von Leberkrebs entwickelt werden, die individualisierte Therapiemaßnahmen erlauben und einen möglichen Krankheits-, aber auch Behandlungsverlauf besser vorhersagen können.
LiSyM-Krebs basiert auf den erfolgreichen Forschungsaktivitäten des BMBF-Vorgängerprogramms LiSyM (Systemmedizin der Leber), das u.a. durch bioinformatische Auswertung unterschiedlicher Forschungsdatensätze sowie Computer-basierten Modellierungen einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung grundlegender Mechanismen bei der Entstehung der nichtalkoholischen Fettleberkrankheit geleistet hat. Dies stellt eine wichtige Basis für die Bearbeitung zukünftiger onkologischer Forschungsfragen dar.
Die entstandenen Erkenntnisse und methodischen Ansätze der Systemmedizin werden für die Umsetzung der Ziele des am 1. Juli 2021 gestarteten Verbundprojektes LiSyM-Krebs in drei ausgewählten interdisziplinären Netzwerken genutzt und weiterentwickelt. Interdisziplinär bedeutet, dass in den einzelnen Arbeitsgruppen verschiedene Fachbereiche - Medizin, Informatik, mathematische Modellierung und Molekularbiologie - eng kooperieren.