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Höhere Qualität der Krebsforschung durch Patientenbeteiligung

Nur durch die enge Zusammenarbeit zwischen Patienten, Forschenden und Medizinern können Krebstherapien und die Betreuung der Betroffenen verbessert werden. Zum dritten Mal trafen sich daher Vertreterinnen und Vertreter aller Gruppen vergangenes Wochenende in Dresden zum gemeinsamen Austausch.

„Die Beteiligung der Krebspatienten ermöglicht eine 360-Grad-Betrachtung der Erkrankung und eine bessere Erforschung der Krankheit.“ Mit diesen Worten leitete Michael Baumann, wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) Heidelberg, in seiner Videobotschaft den 3. Nationalen Patientenkongress ein. In der Kunsthalle des Dresdner Penck-Hotels verfolgten Vertreterinnen und Vertreter der Krebspatientenvereinigungen aus ganz Deutschland Baumanns Ansprache auf dem großen Bildschirm und quittierten seine Worte mit Zustimmung und Applaus.

Besucherinnen und Besucher des Kongresses in Dresden Nationale Konferenz Patienten in Dresden
Reger Austausch: Auf dem 3. Nationalen Patientenkongress sind Patienten, Mediziner und Forschende ins Gespräch gekommen. © Nationale Dekade gegen Krebs/Petra Dahl

Auch Fürsprecher Hanno Glimm, Leiter der Abteilung Translationale Medizinische Onkologie des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) in Dresden, sprach sich überzeugt für das gemeinsame Ziel aus. Die Perspektive und Erfahrung der Betroffenen und ihrer Angehörigen habe die Krebsforschung am NCT auf ein neues Niveau gehoben, berichtet er. Aus diesem Grund seien inzwischen an allen sechs deutschen NCT-Standorten Patientenräte eingeführt worden, die unter anderem in die Planung und Durchführung klinischer Studien eingebunden sind.

Vom Betroffenen zum Experten: Schulungen ermöglichen wertstiftende Teilhabe

Noch steckt die Patientenbeteiligung in Deutschland in den Kinderschuhen. Erst seit 2019 hat dieses Konzept mit der Unterstützung der Nationalen Dekade gegen Krebs vom Bundesforschungsministerium (BMBF) Fahrt aufgenommen. 150 Millionen Euro zusätzlicher Fördergelder für die Krebsforschung wurden seitdem im Rahmen der Dekade bewilligt. Patientinnen und Patienten zu beteiligen, sei dabei Maßgabe, so Alexia Parsons, Leiterin der Projektgruppe Nationale Dekade gegen Krebs im BMBF.

Auch Markus Wartenberg, Sprecher des Patientenforschungsrats am NCT in Dresden und Träger des Patientenforschungspreises 2024, bewertet die Entwicklung positiv – sieht aber gleichzeitig noch einen langen Weg zu gehen: „In der Wirtschaft läuft es schon lange so: Kunden und Kundinnen werden frühzeitig in die Entwicklung neuer Produkte einbezogen“, erläutert Wartenberg. Damit sich Patientinnen und Patienten jedoch genauso zielführend einbringen können, ist es wichtig, dass sie über eine gewisse Expertise verfügen. Statt nur „Probanden“, sollten sie echte Partner sein. Dafür wurde die Patienten-Experten-Akademie (PEAK) gegründet, wo Betroffene zum Beispiel erfahren, wie klinische Studien aufgebaut sind und wie sie ablaufen. Auf einer geplanten Studienplattform sollen sie sich frühzeitig einbringen und sogar eigene Themen platzieren können.

Wirksamkeit gibt Recht: Therapieerfolge dank klinischer Studien mit Patientenbeteiligung

Was ist noch wichtig, damit echte Partnerschaft zwischen Patientinnen und Patienten sowie Forschenden und Medizinerinnen und Medizinern gelingen kann? Dieser Frage versuchten sich die Teilnehmenden der Patientenkonferenz gemeinsam anzunähern. Verständliche Kommunikation auf Augenhöhe, ein vertrauensvolles Miteinander sowie mehr Offenheit und Ehrlichkeit waren häufig genannte Bedürfnisse. Auch das Thema klinische Studien, bei denen sich Betroffene mehr einbringen möchten, kam immer wieder zur Sprache. Ulla Ohlms, Patientenforschungsrätin am NCT in Berlin, hat genau das bereits erfahren und konnte den Anwesenden spannende Einblicke in ihre Beteiligung an der klinischen Studie zur CAR-T-Zelltherapie gegen Leukämie und Lymphome geben. Mit-Initiatorin und Ärztin Antonia Busse, Berliner Charité, lobte den eindrucksvollen Erfolg der Studie: 50 Prozent der Patientinnen und Patienten können dank der bahnbrechenden Verbesserung dieser Therapie mit speziellen Immunzellen inzwischen geheilt werden.

Auch Medizinerinnen des Dresdner NCTs stellten moderne Behandlungsmöglichkeiten für Krebspatientinnen und -patienten vor. Mechthild Krause, eine der Direktorinnen des NCT Dresden, zeigte beispielsweise, wie mit der äußerst präzisen Protonenstrahltherapie vor allem Hirntumoren bei Kindern erfolgreich behandelt werden. Die Chirurgin Johanna Kirchberg gab anhand beeindruckender Fotos und Videos einen Einblick, wie mit Hilfe von Robotik und Künstlicher Intelligenz bei Krebsoperationen die chirurgische Qualität verbessert und Komplikationen vermieden werden können.

Geben und Nehmen: Patientinnen und Patienten als Forschungsmotoren

Wie genau sich Patientinnen und Patienten direkt an der Forschung beteiligen können, gehörte ebenfalls zu den Fragen, mit denen man sich in Dresden auseinandergesetzt hat. Der Bundesverband der Krebs-Selbsthilfe e.V. stellte das Projekt genomDE vor und berichtete, wie die Patientenbeteiligung hier unterstützt und organisiert wird. Ziel des Projekts ist es, durch Genomsequenzierungen möglichst gezielte Therapien für seltene genetische und onkologische Erkrankungen zu finden.

Cindy Körner, Krebsforscherin und Patientenvertreterin zugleich, stellte das Forschungsprojekt DECIPHER vor, das zum Ziel hat, Künstliche Intelligenz zur früheren Erkennung und besseren Vorhersage von Metastasierung zu nutzen. Bei DECIPHER brachte ein von Patientenvertreterinnen und -vertretern erstellter Fragebogen, der mit einem Rücklauf von fast 900 Betroffenen ein Meinungsbild zu Metastasen-Diagnostik und KI abbildete, deren Perspektive bereits im Forschungsantrag an das BMBF umfassend ein. DECIPHER ist ein Best-Practice-Beispiel dafür, wie die frühe Einbindung von Patientenvertretenden Forschungsvorhaben unterstützen und inhaltlich voranbringen kann. Der Fall zeigte auch deutlich, dass Anträge mit einer klar dargestellten Patientenbeteiligung bessere Aussicht auf Erfolg haben.

Was der Forschung hilft, hilft letztlich auch den von einer Krebserkrankung Betroffenen – darüber waren sich in Dresden alle einig.

 

Die Veranstaltung wurde von der Nationalen Dekade gegen Krebs unterstützt.

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