Praxisverändernde Studie zur Brustkrebsnachsorge
Dank besserer Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei Brustkrebs immer mehr Langzeitüberlebende. Eine Studie im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs prüft nun, wie sich Nachsorgeangebote an die Fortschritte von Diagnostik und Therapie anpassen lassen.
Die Diagnostik und die Therapie von Brustkrebs haben enorme Fortschritte gemacht und ermöglichen immer mehr Betroffenen ein langes Leben nach der Diagnose. Viele Langzeitüberlebende belastet allerdings die Angst vor einem Rückfall, zu dem es bei dieser Krebsart auch nach zehn oder 20 Jahren noch kommen kann. Besonders gefürchtet sind Fernmetastasen.
Bislang sieht die Nachsorge keine intensive Diagnostik (wie etwa Computertomographie) vor, um Metastasen möglichst früh zu entdecken. Diese Untersuchungen werden erst durchgeführt, wenn es einen konkreten Rückfallverdacht gibt (siehe Infokasten).
Bessere Brustkrebsnachsorge mit „SURVIVE“
Das Forschungsvorhaben SURVIVE will die bisherige Nachsorgepraxis im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs überprüfen. Für eine Optimierung braucht es eine hochwertige und vor allem aktuelle Datenbasis, die nun mit SURVIVE erhoben wird.
Die Studie ist im Dezember 2022 gestartet und prüft nun mit 3.500 Probandinnen und Probanden den möglichen Vorteil neuer Diagnoseverfahren, die einen Rückfall frühzeitig anzeigen. Dabei soll die Frage beantwortet werden, ob sich dadurch die Überlebenszeit der Betroffenen ohne Verlust an Lebensqualität erhöht.
Die Teilnehmenden sind Frauen und Männer, die in den letzten fünf Jahren mit Brustkrebs im Frühstadium behandelt wurden und ein mittleres bis hohes Rückfallrisiko haben. Alle erhalten die übliche (Leitlinien-gerechte) Nachsorge bei ihrer Ärztin bzw. ihrem Arzt.
Intensive Nachsorge
Zusätzlich sollen sie 18-mal eines der ca. 100 beteiligten Studienzentren zur Blutabnahme aufsuchen. Dabei sind die Probandinnen und Probanden zwei Gruppen zugeteilt: der eigentlichen Testgruppe und einer Kontrollgruppe. Die Proben der Kontrollgruppe werden nicht unmittelbar untersucht, sondern in einer Biobank für spätere Forschungszwecke eingelagert [mehr zum Nutzen von Biobanken für die Krebsforschung].
Die eigentliche Testgruppe erhält eine intensivierte Nachsorge: Jede ihrer Blutproben wird auf drei klassische brustkrebsspezifische Tumormarker, auf zirkulierende Tumorzellen und auf zirkulierende freie Tumor-DNA getestet. Solche Marker können auf einen kleinen, nach der Behandlung im Körper verbliebenen Anteil von Krebszellen hinweisen. Der Krebs ist also nicht endgültig besiegt und seine Wiederkehr wahrscheinlich. Finden sich solche Marker, erhalten die Betroffenen bildgebende Untersuchungen. Wird dabei ein Rückfall bestätigt, setzt die leitliniengetreue Therapie ein.
Beginn eines Paradigmenwechsels?
Patientinnen und Patienten, bei denen die bildgebenden Verfahren jedoch keinen Rückfall zeigen, erhalten die Möglichkeit, in separate Therapiestudien, wie die SURVIVE-HERoes-Studie, zu wechseln. Um eine mögliche Resterkrankung zurückzudrängen, erhalten zwei Drittel von ihnen vorsorglich ein Antikörperkonjugat — das ist ein Kombinationspräparat aus einem Antikörper, der die für das Krebswachstum bei bestimmten Unterformen von Brustkrebs verantwortlichen Bindungsstellen gezielt ansteuert sowie blockiert, und einem das Zellwachstum hemmenden Zytostatikum. Bei der anderen Hälfte der Probandinnen und Probanden werden weiter regelmäßig bildgebende Untersuchungen durchgeführt.
Im Jahr 2034 wollen die Wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler vergleichen, in welcher Gruppe die Betroffenen wie lange überlebt haben und ob sich Rückfälle früher im Blut als klinisch entdecken lassen. Bereits deutlich früher werden die Rückfallraten verglichen. Die Lebensqualität, insbesondere die Angst vor einem Rückfall, wird mit zwei standardisierten Fragebögen erfasst. So können später Aussagen darüber getroffen werden, bei welcher Gruppe es zu größeren Einschränkungen kam. Die Ergebnisse könnten zu einem Paradigmenwechsel in der Brustkrebs-Nachsorge führen und die gängige Praxis verbessern.