Ein Datenschatz gegen Lungenkrebs
Moderne medizinische Analysen produzieren immer mehr Daten. Die Krebsforschung kann sie aber noch nicht umfassend nutzen. Mithilfe KI-gestützter Methoden will ein Lübecker Forschungsteam nun große Bilddatenmengen von Lungenkarzinomen auswerten.
Fast 60.000 Menschen erkranken jährlich in Deutschland an Lungenkrebs, drei Viertel der Patientinnen und Patienten sterben daran. Die Technologien zur Diagnose der Erkrankung sind vielfältig und aufschlussreich, wie zum Beispiel die Computertomographie (CT). Doch momentan nutzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nur einen Bruchteil der immer größeren Datenmengen, die durch bildgebende Verfahren entstehen. Dabei könnten diese die onkologische Forschung voranbringen und neue Ansätze bieten für eine erfolgversprechende Behandlung von Lungenkrebs. Genau dieses Ziel verfolgen Medizin-Informatikerinnen und -Informatiker der Universität zu Lübeck.
Fachübergreifende Challenge
Mit dem Projekt „OncoReg“ wollen sie einen Datenanalyse-Wettbewerb zur Erfassung und Verwaltung onkologischer Bilddaten der Lunge ins Leben rufen. Denn diese Daten enthalten wichtige Informationen über die Entstehung und den Verlauf von Lungenkrebserkrankungen. Aus deren genauer Analyse könnten sich verbesserte Therapien ergeben, die den Patientinnen und Patienten zugute kommen. Das „OncoReg“ Team will Medizin-Informatikerinnen und -Informatiker aus aller Welt zu dem Wettbewerb einladen – sowohl von wissenschaftlichen Einrichtungen als auch aus der Wirtschaft.
Die sogenannte „Data-Challenge“ soll dazu beitragen, onkologische Erkrankungen der Lunge besser zu erforschen und gleichzeitig das Datenteilen für Forschungszwecke fördern. Der Wettbewerb ist fachübergreifend: anatomisches Expertenwissen trifft hier auf Methoden der Künstlichen Intelligenz. Die Teilnehmenden bekommen Zugang zu qualitätsgeprüften Daten aus der onkologischen Routineversorgung. Diese Daten können sie durch maschinelle Lernmodelle, das sogenannte Deep Learning, besser einordnen, strukturieren und verwalten.
Bessere Prävention, Diagnose und Therapie
Ziel der Challenge sind neue Algorithmen für die Registrierung onkologischer Bilddaten. KI-Modelle sollen dabei helfen, die Verläufe von Lungenkrebserkrankungen während der Behandlung zu kontrollieren und die sogenannte 4D-Strahlentherapie zu verbessern. Vierdimensional bedeutet, dass der Faktor Zeit und damit die Atembewegung bei der Bestrahlung von Lungentumoren berücksichtigt wird. Für den Wettbewerb werden Strahlentherapeutinnen und -therapeuten wichtige Positionen in CT-Aufnahmen von Lungentumoren markieren. Das sind einerseits die Tumoren selbst, aber auch Lymphknoten und angrenzende Organe, die für den Verlauf der Krankheit eine Rolle spielen. Der neue Algorithmus soll diese markierten Stellen in den Bilddaten wiederfinden. So können Veränderungen des Tumors und seiner Umgebung während der Bestrahlung genau registriert werden. Gewinnen wird das Team, dessen Algorithmus die Markierungen am korrektesten wiederfindet.
Auf dieser Grundlage soll ein neuartiges 3D-Registrierungsverfahren für onkologische Bilddaten entstehen, das logisch, spezifisch und leicht verständlich ist. Dreidimensional heißt, dass CT-Aufnahmen aus verschiedenen Positionen zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden, um die Analyse zu erleichtern. Das Verfahren soll die Prävention, Diagnose und Therapie von Lungenkrebs und anderen onkologischen Erkrankungen verbessern. Die „OncoReg“-Forschenden planen, dass Wissenschaft, Wirtschaft und Gesundheitswesen die neuen Algorithmen und aufbereiteten Daten auch nach Projektende nutzen können.
Das Projekt „OncoReg“ wird im Rahmen der Richtlinie zur Förderung von interdisziplinären Projekten zur Entwicklung und Erprobung von neuen Ansätzen der Datenanalyse und des Datenteilens in der Krebsforschung in der Nationalen Dekade gegen Krebs vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.