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Wie identifizieren wir das individuelle Krebsrisiko jedes Menschen? 

Muster für Risikopersonen zu identifizieren, um so gezielte Krebsfrüherkennung zu ermöglichen – mit diesem Ziel sind Anfang Juli vier Forschungsverbünde gestartet. Auch die Deutsche Krebshilfe fördert aktuell Projekte, die zur risikoadaptierten Früherkennung forschen.

Prävention gilt als Königsweg im Kampf gegen Krebs. Deswegen fördern wir mit der Nationalen Dekade gegen Krebs gezielt die Entwicklung von präventiven Maßnahmen. Die meisten Menschen verbinden mit Krebsprävention bestimmte Verhaltensregeln – weniger rauchen, mehr Bewegung, gesünder essen. In der Fachwelt nennt man diese krebsvermeidenden Verhaltensänderungen Primärprävention. Die jetzt gestarteten Forschungsverbünde legen den Fokus allerdings auf die sogenannte Sekundärprävention, die Früherkennung. Genauer gesagt: die risikoadaptierte Früherkennung. Was verbirgt sich dahinter?

Risikofaktoren identifizieren, Früherkennung optimieren

Jeder Mensch hat ein individuelles Risiko, an bestimmten Krebsarten zu erkranken. Die Faktoren für dieses Risiko sind vielfältig. Die Lebensweise spielt eine wichtige Rolle, aber auch die genetische oder physiologische Veranlagung können entscheidend sein. Bislang spielt die individuelle Gefährdung allerdings kaum eine Rolle in der Früherkennung. Lediglich Alter und Geschlecht werden als Bezugspunkte genommen, wenn kostenlose Vorsorgeuntersuchungen für Versicherte empfohlen werden. Ansonsten wird als Datenbasis das durchschnittliche Risiko der Bevölkerung genutzt.

Das soll sich künftig ändern. Ob eine Vorsorgemaßnahme empfohlen wird, hängt von einem Abwägen der Vor- und Nachteile sowie der Kosten ab. Bei sogenannten Hochrisikopersonen müssen diese Faktoren aber neu gewichtet werden. Daher fördern wir vier Forschungsverbünde, die neue Methoden entwickeln, diese Personen für spezielle Krebsarten zu identifizieren. Unser Ziel: Personen mit einem deutlich erhöhten Risiko anhand bestimmter Risikoindikatoren ausfindig zu machen. Dann können durch gezielte Krebsfrüherkennung, Diagnostik und Therapie die Krankheitslast und Sterblichkeit verringert werden.

Die vier geförderten Projekte auf einen Blick:

EDI-4ALL: Früherkennung von Leukämie im Kindesalter

Die häufigste Krebserkrankung bei Kindern ist die akute lymphatische Leukämie (ALL). Bestimmte Chromosomenveränderungen, die schon vor der Geburt auftreten, führen zu einer Vorstufe der ALL. Betroffene Kinder haben ein erhöhtes Risiko, im Alter von zwei bis fünf Jahren an Leukämie zu erkranken. Bislang fehlen Technologien für eine klinisch anwendbare, kosteneffiziente und risikoadaptierte Früherkennung. Ziel des Verbundes ist es, Methoden für die Erkennung von Neugeborenen mit erhöhtem Risiko zu entwickeln und Präventionsstrategien zu ermöglichen.

LUCAS: Lungenkrebs-Screening

Lungenkrebs ist die zweithäufigste Krebsart in Deutschland. Der Verbund LUCAS hat das Ziel, Methoden zu entwickeln, mit denen die Krankheit häufiger frühzeitig erkannt wird. Dafür identifizieren die Forschenden blutbasierte Biomarkersignaturen – also spezifische Muster von biologischen Markern, die Informationen über individuelle Risiken in sich tragen. Diese Signaturen sollen in Kombination mit risikobasierten Lungenkrebsmodellen und anderen klinischen Risikofaktoren das individuelle Lungenkrebsrisiko vorhersagen. Dadurch kann ein effektives Screening für Lungenkrebs ermöglicht werden.

MMAIC-IPMN: Risikobewertung von Zysten der Bauspeicheldrüsen

Bauchspeicheldrüsenkrebs ist eine der tödlichsten Krebsarten. Die einzige Möglichkeit der Heilung ist eine frühzeitige Operation. Bestimmte Zysten in der Bauchspeicheldrüse bergen ein hohes Risiko für eine bösartige Transformation. Daher ist es wichtig, sie regelmäßig zu überwachen. Forscherinnen und Forscher der Verbundes MMAIC-IPMN wollen die individuelle Risikobewertung und Überwachung dieser Zysten verbessern. Sie nutzen nationale und internationale Datenbanken, um mithilfe künstlicher Intelligenz Kohorten mit betroffenen Patientinnen und Patienten zu erstellen. Diese werden in einer Simulation nachgeahmt, um an ihnen Behandlungseffekte und Managementstrategien kostengünstig im großen Rahmen zu testen. Zudem werden mit molekularen Analysemethoden spezifische Biomarker für die untersuchte Krankheit identifiziert. Patientenvertretende bringen die Perspektiven der Betroffenen und ihrer Familien in die Entwicklung des Risiko-Scores ein.

RISC-GAP: Früherkennungsmethode für Magen- und Speiseröhrenkrebs 

Die Magenspiegelung ist eine wichtige Untersuchung zur Diagnose von Magen- und Speiseröhrenkrebs. Der Verbund RISC-GAP entwickelt eine risiko-angepasste Früherkennungsmethode. Mit dieser sollen Hochrisikopersonen für Krebsvorstufen und frühe Tumore möglichst präzise identifiziert werden. Nur sie sollen zur Magenspiegelung als Vorsorgeuntersuchung eingeladen werden. Durch den risiko-angepassten Ansatz sollen auf kosteneffektive Weise Neuerkrankungen und Todesfälle deutlich gesenkt werden. Gleichzeitig sollen Überdiagnosen und Überbehandlungen als unerwünschte Folgen eines bevölkerungsbasierten Screenings vermieden werden.

Öffentlich-Private Partnerschaft mit Deutscher Krebshilfe

Parallel zu unserer Förderrichtlinie macht sich auch die Deutsche Krebshilfe (DKH), ein Partner der Nationalen Dekade gegen Krebs, für risikoadaptierte Früherkennung stark und fördert praxisnahe Forschungsvorhaben. Die DKH fördert Projekte, die neue Konzepte für eine risikoadaptierte Krebsfrüherkennung erarbeiten oder Instrumente zur individuellen Risikobestimmung erproben. Zudem sollen Forschende der Frage nachgehen: Wie können wir die neuen Methoden im Gesundheitswesen implementieren? Also liegt ein weiterer Themenschwerpunkt auf Forschung zu Bedarf, Akzeptanz, Umsetzbarkeit und Kommunikation von risikoadaptierter Früherkennung.

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