Mit künstlicher Intelligenz gegen aggressive Tumorerkrankung
Bauchspeicheldrüsenkrebs wird Prognosen zufolge 2030 die zweithäufigste krebsbedingte Todesursache in den Industrieländern sein. Die Behandlung ist schwierig, denn die Tumoren sind häufig resistent gegen konventionelle Chemotherapien. Spezielle Datenanalysen sollen nun bei der Behandlung helfen.
Der Forschungsverbund „FAIrPaCT“ wird im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs vom BMBF gefördert und will ein Softwaresystem entwickeln, das die Erfolgswahrscheinlichkeit von Therapien gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs individuell vorhersagen kann. Damit sollen die Chancen einer wirksamen Behandlung steigen. Außerdem könnten Faktoren identifiziert werden, die die Effektivität der Heilverfahren positiv beeinflussen. Diese Faktoren wiederum geben Aufschluss darüber, welche molekularen Mechanismen eine Therapie steuern. Erkenntnisse, die zu verbesserten Medikamenten und personalisierten Behandlungsstrategien führen können. Es wäre ein großer Schritt in der Bekämpfung von Bauchspeicheldrüsenkrebs, der als einer der tödlichsten Krebsarten überhaupt gilt. Nur sieben bis acht Prozent der Betroffenen überleben die ersten fünf Jahre nach der Diagnose. Die Tumoren werden oft erst spät erkannt und bilden schon frühzeitig Metastasen, selbst in entfernten Körperregionen.
Datenschatz heben
FAIrPaCT“ steht für „Framework für föderierte künstliche Intelligenz zur Optimierung der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs“. Das System, das die Forschenden entwickeln wollen, basiert auf einer sogenannten föderierten oder verteilten künstlichen Intelligenz. Das ist ein Algorithmus, der maschinelles Lernen mit Datenquellen von unterschiedlichen Standorten ermöglicht. Zudem werden die Daten nicht zentral ablegt, sondern auf verschiedenen Geräten gespeichert und sind flexibel abrufbar. Die Forschenden von FAIrPaCT können Daten also institutsübergreifend analysieren, ohne sie zentral abzulegen. Damit ist ein höherer Datenschutz gewährleistet, was insbesondere bei Patientendaten eine wichtige Rolle spielt. „FAIrPaCT“ nutzt drei der größten, aussagekräftigsten Datensätze von Patientinnen und Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs in Deutschland. Dabei handelt es sich um klinische Patientendaten und molekulare Daten von entnommenen Krebszellen. Gewonnen wurden diese Daten in den Kliniken des Verbundes: in der Universitätsmedizin Göttingen, im Uniklinikum Gießen und Marburg sowie im Klinikum Rechts der Isar der Technischen Universität München. Die Menge und Verschiedenartigkeit der Daten ist deutschlandweit einzigartig.
Künstliche Intelligenz für bessere Therapien
Gemeinsam will das Forschungsteam diese Daten nun analysieren. Das Softwaresystem, das Medizininformatikerinnen und -informatiker auf dieser Grundlage entwickeln, soll die Erfolgswahrscheinlichkeit für spezifische Behandlungsansätze abschätzen können. Da die Daten von drei verschiedenen Standorten kommen, gehen die Berechnungen über die Grenzen eines Standortes hinaus. Das System wird also in Zukunft ortsunabhängig nutzbar sein. Darüber hinaus soll es wichtige Parameter identifizieren, die das Ansprechen auf eine bestimmte Behandlung beeinflussen. Indem sie dafür die Datensammlung aller drei Standorte nutzen, wollen die Forschenden generelle Faktoren für den Erfolg einer Therapie gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs finden. Sie sehen ihre Arbeit als einen wichtigen Schritt in Richtung einer durch künstliche Intelligenz unterstützten Präzisionsmedizin.
Auch für andere Krebserkrankungen nützlich
Langfristig sollen Patientinnen und Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs, aber auch Onkologinnen und Onkologen von den Datenschätzen profitieren. Denn die analysierten Daten können bei der Entscheidungsfindung zur Behandlung helfen und damit potenziell die Überlebenschancen von Patientinnen und Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs erhöhen. Darüberhinaus wollen die Beteiligten des Forschungsverbundes „FAIrPaCT“ erreichen, dass die Entstehung von Tumoren in der Bauchspeicheldrüse besser verstanden wird und damit auch die molekularen Mechanismen, die zum Erfolg oder Misserfolg einer Behandlung führen. So können sie zum einen die Voraussetzung für die Entwicklung neuer personalisierter Therapien schaffen. Zum anderen wollen sie nachweisen, dass der Einsatz von Softwaresystemen auf der Basis föderierter KI sowohl die Wissenschaft als auch die klinische Praxis erheblich unterstützen kann. Die bei „FAIrPaCT“ entwickelten föderierten Lernmethoden sollen in Zukunft auch für andere onkologische Erkrankungen genutzt werden können.
„FAIrPaCT“ ist einer von acht Forschungsverbünden, die im Rahmen der BMBF-Förderung von interdisziplinären Projekten zur Entwicklung und Erprobung von neuen Ansätzen der Datenanalyse und des Datenteilens in der Krebsforschung in der Dekade gegen Krebs forschen. Das Ziel dieser Fördermaßnahme ist es, mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem Bereich der Datenanalyse einen niederschwelligen Zugang zu bestehenden Daten aus der Krebsforschung und der onkologischen Routineversorgung zu ermöglichen. So soll die Anwendung neu entwickelter Ansätze der Datenanalyse dazu beitragen, dass forschungsrelevante Informationen noch besser aus vorhandenen Datensätzen gefiltert und verwertet werden können. Gleichzeitig soll die Kultur des Datenteilens für Forschungszwecke gefördert werden. So können die erforschten Anwendungsfälle auch als Best-Practice-Lösungen für eine gemeinsame Datennutzung in der Krebsforschung dienen.