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Wann wird eine Leberzirrhose zum Krebs?

Die Nationale Dekade gegen Krebs fördert im Forschungsnetzwerk LiSyM-Krebs den Verbund C-TIP-HCC. Dieser will mehr Wissen für Prävention und Früherkennung von Leberkrebs generieren, der sich aus einer bestehenden Zirrhose entwickelt.

Blutgefäß in der Leber Wann wird eine Leberzirrhose zum Krebs?
Zu sehen ist ein Blutgefäß (schwarzer Kanal, Mitte) der Leber, umgeben von kleinen Gallekanälchen (rot gefärbt) und Kollagengewebe (grün) bei einer Maus mit fortgeschrittener Leberschädigung (40-fache Vergrößerung). © Uniklinik Knappschaftskrankenhaus Bochum/Jan Best

Warum gibt es dieses Projekt?

Die Leberzirrhose ist der wichtigste Risikofaktor für Leberkrebs: Bei etwa einem Drittel der davon Betroffenen kommt es innerhalb von 10 Jahren zum Hepatozellulären Karzinom. Die Leberzirrhose wird landläufig als Schrumpfleber bezeichnet und stellt das Endstadium chronischer Leberkrankheiten dar. In westlichen Industrienationen entsteht eine Leberzirrhose am häufigsten durch chronischen Alkoholkonsum, starkes Übergewicht, Diabetes oder eine chronische Hepatitis-C-Virusinfektion.

Eine Leberzirrhose bemerken Betroffene oft lange Zeit nicht. Auch die Krebsentstehung aus der zirrhotischen Leber verläuft meist unbemerkt.

Bisher gibt es nur die Möglichkeit, Patientinnen und -Patienten, bei denen die Zirrhose bekannt ist, mit regelmäßigem Ultraschall zu überwachen.
Im Projekt C-TIP-HCC wollen Fachleute aus Klinik, Labor sowie Datenwissenschaft nach möglichst aussagekräftigen Veränderungen im Lebergewebe suchen, die das Entstehen von Krebs frühzeitig und verlässlich anzeigen können und sich für Betroffene möglichst schonend messen lassen.

Solche Messwerte nennt man Biomarker. Würden sich diese z.B. für eine Früherkennung mittels Liquid Biopsy nutzen lassen, könnte eine Therapie schon im frühen Erkrankungsstadium einsetzen. Dazu fehlt bislang aber das Wissen.

Was bekannt ist
Es gibt Erkrankungen und Lebensgewohnheiten, die das Lebergewebe schädigen. Das Organ kann „Verwundungen“ anfangs gut reparieren und sich erholen. Doch halten die schädigenden Einflüsse an, schafft die Leber es nicht mehr und es kommt zu Umbauprozessen. Dann werden tote Leberzellen durch immer mehr Bindegewebe („Fibrose“) ersetzt, aus dem sich im Verlauf der Erkrankung größere Zirrhose-Knoten bilden.

Diese führen mitunter zu einschneidenden Veränderungen in der Leber, wie der Bildung neuer Blutgefäße (Angiogenese) zu ihrer Versorgung und Funktionserhaltung. Im Endstadium der Zirrhose ist die Leber dann knotig und vernarbt und kann ihre Funktion als Entgiftungsorgan nicht mehr ausreichend erfüllen („Schrumpfleber“).

Herausforderung: Krebsfördernde Vorgänge bei Leberzirrhose besser verstehen
Während der Reparaturprozesse werden Stoffe ausgeschüttet, die zu Veränderungen in den Leberzellen und deren Umgebung (unter anderem der extrazellulären Matrix) führen. Die extrazelluläre Matrix gehört zum Tumormikromilieu, also der unmittelbaren Umgebung des Tumors, die an der Entstehung von Krebs und seinem Wachstum beteiligt ist. In ihr werden chemische Signale ausgetauscht, darunter auch Schlüsselsubstanzen für Entzündungs- und Immunprozesse.

Das Projekt

C-TIP-HCC ist die Abkürzung für „Mechanismus-basiertes Multiskalenmodell zur Dissektion des Tipping points von Leberzirrhose zu HCC“.

Es wird im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs gefördert und unter dem Dach des Netzwerkes LiSyM-Krebs durchgeführt.

Wie stark der Umbau der Leber fortgeschritten ist (und die damit einhergehenden physiologischen Messwerte), sagt etwas über die Prognose einer chronischen Lebererkrankung aus und erlaubt die Empfehlung von Therapiemethoden. Insbesondere Veränderungen der zirrhotischen Knoten, die sich in der Umgebung des Tumors befinden, gelten als ausschlaggebend für die Entstehung von Krebs.

Vorgehen im Projekt
Die Forschenden untersuchen zunächst die Veränderungen der Leberzellen und der sie umgebenden extrazellulären Matrix sowie die Vorgänge zwischen der Mikroumgebung und den so genannten zirrhotischen Knoten. Unter Verwendung neuester Technologien und mittels Laborexperimenten versuchen sie Hinweise auf den „Kipppunkt“ zu ermitteln, an dem eine Leberzirrhose in Krebs übergeht.

Die Forschenden wollen die Veränderungen in der Zusammensetzung der Matrix, sowie Veränderungen (so genannte „fate changes“) in den einzelnen Zelltypen darstellen, und erheben, wie stark sie ausgeprägt sind. Die experimentell erhobenen Werte werden dann an Mathematikerinnen und Mathematiker für die Entwicklung eines Modells übergeben.

Ein solches Modell soll das Risiko für eine Krebsentwicklung von einzelnen Leberzirrhose-Erkrankten vorhersagen. Besonders günstig wäre es, wenn sich mit eventuell gefundenen Biomarkern auch die Wirksamkeit verschiedener Präventionsmaßnamen für Betroffene einordnen ließe.

So sollen zukünftig Menschen mit Leberzirrhose, die ein besonders hohes Risiko für die Entwicklung von Leberkrebs haben, frühzeitig erkannt werden. Zudem besteht Hoffnung, dass sich mit entsprechenden Maßnahmen der Krebs verhindern oder zumindest wesentlich verzögern lässt.

Förderung
Das Projekt C-TIP-HCC ist am 1. Juli 2021 gestartet und erhält insgesamt rund 3,5 Millionen Euro für drei Jahre.

Partner und Unterstützer