5 Fragen an Hedy Kerek-Bodden
Hedy Kerek-Bodden ist neues Mitglied im Strategiekreis der Nationalen Dekade gegen Krebs. Ihr Ziel: Den einzigartigen Blickwinkel der von Krebs Betroffenen einbringen. Sie ist Vorstandsmitglied im Haus der Krebs-Selbsthilfe – Bundesverband.
Hedy Kerek-Bodden ist neues Mitglied im Strategiekreis der Nationalen Dekade gegen Krebs. Ihr Ziel: Den einzigartigen Blickwinkel der von Krebs Betroffenen einbringen. Sie ist Vorstandsmitglied im Haus der Krebs-Selbsthilfe – Bundesverband.
Frau Kerek-Bodden, Sie wurden neu in den Strategiekreis der Nationalen Dekade gegen Krebs berufen. Mit welcher Motivation und welchen Erwartungen übernehmen Sie diese neue Aufgabe?
In der medizinischen Versorgung und der Gesundheitsforschung sollte der Mensch im Mittelpunkt stehen, d.h. Versorgung und Forschung sollten sich am Nutzen für den Menschen ausrichten. Hier die Betroffenenkompetenz einzubringen, ist meine Motivation.
Als Vorstandsmitglied im Haus der Krebs-Selbsthilfe - Bundesverband e.V. (HKSH-BV), dem Dachverband von zehn unabhängigen und bundesweit agierenden Krebs-Selbsthilfeverbänden, bringe ich Patienteninteressen in die Entscheidungsgremien von Politik und medizinischen Verbünden ein.
Genauso wichtig ist es mir, Patienteninteressen auch im Bereich der Forschung stärker vertreten zu können. Aus diesem Grund freut es mich sehr, in den Strategiekreis der Nationalen Dekade gegen Krebs berufen worden zu sein, ein Gremium, das sich schwerpunktmäßig mit diesem Aspekt befasst. Interessensvertretung verstehe ich dabei als eine Mitbestimmung im Sinne von „Nichts über uns ohne uns (Patienten)“.
Wo steht die Patientenbeteiligung in der Krebsforschung in Deutschland aus Ihrer Sicht?
Die Partizipative Gesundheitsforschung ist in Deutschland noch in der Entwicklung; dargestellt in einem Lebenszyklus ein Klein- oder bestenfalls ein Schulkind. An klinischen Forschungsprojekten werden Patientinnen und Patienten in der Regel lediglich passiv beteiligt. Somit besteht die Gefahr, dass an den Bedürfnissen und Interessen von Betroffenen vorbeigeforscht wird. Insbesondere möchten wir uns zum Beispiel an der Diskussion beteiligen können, welche Endpunkte in wissenschaftlichen Studien als patientenrelevant angesehen werden.
Wie kann die Patientenbeteiligung noch weiter gestärkt werden? Welche Rückmeldungen bekommen Sie aus der Community zu den aktuellen Entwicklungen?
Mit Sicherheit wäre es hilfreich, wenn Patientenvertreterinnen und -vertreter möglichst frühzeitig in den Entwicklungsprozess von Forschungsvorhaben einbezogen werden. Es könnte dazu beitragen, dass Projekte für die Betroffenen relevant sind und Forschungserkenntnisse zu ihrem Nutzen optimiert werden.
In welcher Rolle sieht sich die institutionalisierte Selbsthilfe in diesem angestrebten Kulturwandel?
Ziel der Patientenvertretung der institutionalisierten Selbsthilfe ist es, den Patientinnen und Patienten eine Stimme zu geben, mit der sie zum Mitgestalter werden oder mit der sie zumindest gehört werden. Uns geht es dabei um
- das Einbringen der Patienten- bzw. Betroffenenperspektive
- die Patientenorientierung in der Versorgung und Forschung
- die Patientensicherheit bzw. um die Qualität der Versorgung und deren Transparenz und
- den Nutzen für Patientinnen und Patienten, d.h. in Prävention, Behandlung und Rehabilitation; es geht um Heilung, Linderung, Lebenszeit und Lebensqualität sowie soziale Sicherung.
Durch eine Krebserkrankung werden alle Lebensbereiche (körperlich, psychisch, beruflich, sozial, finanziell, spirituell) der Betroffenen, aber auch ihrer Angehörigen berührt und Zukunftspläne in Frage gestellt. Der Fokus ist auch auf Spät- und Langzeitfolgen aufgrund von Erkrankung und Therapie zu richten.
Welche Chancen sehen Sie in der Initiative der Dekade gegen Krebs, mit ihren Partnern und Unterstützern eine gelebte Patientenbeteiligung in der Forschung nachhaltig zu etablieren?
Die Nationale Dekade gegen Krebs ist eine einzigartige Initiative, bei der alle wichtigen Entscheidungsträger zusammenarbeiten und somit eine einmalige Vernetzung von Wissen und Strategien entstehen kann. Dass es von Anfang an gewünscht und geplant wurde, die Patientenvertretung auf Augenhöhe in diesen Prozess mit einzubinden, ist ein sehr wichtiger Schritt, um unsere Beteiligung auch im Bereich der Forschung nachhaltig zu etablieren.
Als Krebsmedizin der Zukunft sehe ich die sogenannte 4p-Medizin: präventiv, personalisiert, partizipativ und präzise.
Vielleicht können wir auf diesem Wege alle gemeinsam dazu beitragen, dass durch ein besseres Verständnis und bessere Methoden hinsichtlich der Krebsentstehung, -prävention und -behandlung aus dem Raubtier „Krebs“ ein Haustier wird.