„Als selbstbestimmter Patient profitiert man vom aktuellen Stand der Krebsforschung.“
Trotz düsterer Prognose hat sich Nils Glaubke nicht von seiner Lungenkrebs-Diagnose unterkriegen lassen. Als informierter Patient managt er seine eigene Krankheit und hilft anderen Betroffenen mit seinem Fachwissen.
Trotz düsterer Prognose hat sich Nils Glaubke nicht von seiner Lungenkrebs-Diagnose unterkriegen lassen. Als informierter Patient managt er seine eigene Krankheit und hilft anderen Betroffenen mit seinem Fachwissen.
Herr Glaubke, Sie haben mit 39 Jahren die Diagnose Lungenkrebs erhalten.
Was hat Ihnen geholfen, nach diesem Schock ins Tun zu kommen und sich über die Krankheit und Therapiemöglichkeiten genau zu informieren?
In dem Krankenhaus, in dem ich war, fühlte ich mich nicht gut aufgehoben. Man ließ mich mit der Diagnose „unheilbar, nur noch kurze Lebenserwartung“ allein und es hieß, alle Psychoonkologen seien schon im Wochenende. Ich weiß nicht mehr, wie ich den Schalter umlegen konnte, aber ich habe alle Onkologen, die ich recherchieren konnte, angeschrieben, um meinen Befund einschätzen zu lassen. Ich wollte dahin, wo mir Wege eröffnet werden.
Ich bekam Rückmeldungen und wichtige Hinweise, welche Informationen für eine detailliertere Analyse meiner individuellen Erkrankung nötig sind. Schnell ergab sich dann eine ganz andere Perspektive, d. h. Therapieoptionen und Hoffnung.
Hat Ihnen jemand dabei geholfen, den aktuellen Forschungsstand zu eruieren bzw. medizinische Informationen verständlich zu übersetzen? Und wie bleiben Sie diesbezüglich auf dem neuesten Stand?
Ich habe mir anfangs alle medizinischen Details mühsam selbst erarbeitet, Fachbegriffe ergoogelt, alle verfügbaren Artikel dazu gelesen, alle YouTube-Videos angeschaut. Heute ist meine Onkologin in Georgsmarienhütte, meine Zweitmeinung in Mannheim und ein guter Ratgeber ist auch immer das Team um meinen Pathologen aus Köln. Ich bin außerdem Mitglied im Verein „ZIELGENAU e.V.“ für Lungenkrebspatienten – und ich stehe mit all diesen Expertinnen und Experten in Kontakt.
Für die Studiensuche nutze ich das Rechercheportal iuvando, aber auch in amerikanischen Facebook-Gruppen bin ich unterwegs, um neueste Therapietrends in den USA zu verfolgen. Ich schaue mir ebenfalls Aktienberichte von Unternehmen wie BioNTech an, um von neuen onkologischen Entwicklungen zu erfahren.
Haben Sie den Eindruck, als informierter Patient ernster genommen zu werden?
Eindeutig ja! Die Ärzte, die ich besuche, bereiten sich besser auf mich vor. Meine Onkologin zum Beispiel weiß, dass ich meistens weiterführende Fachfragen stelle. Information heißt Selbstbestimmung und als selbstbestimmter Patient erhöht sich die Chance, den neuesten Stand der Krebsforschung zu erfahren.
In Ihrem Podcast „Krebs! Was nun?“ geben Sie Ihre persönlichen Erfahrungen weiter. Stehen Sie darüber hinaus mit anderen Krebspatientinnen und -patienten im Austausch? Inwiefern hilft der Austausch unter Betroffenen?
Durch meinen Podcast bekomme ich sehr viele Nachfragen, helfe, gebe viele Tipps, empfehle Ärzte, Studien, zertifizierte Zentren. Wenn ich eines an andere Krebsbetroffene weitergeben kann: Geht in für euren Krebs zertifizierte Zentren, das verlängert nachgewiesen die Lebenszeit!
Mein Fachwissen hilft Betroffenen weiter. Aber ich brauche auch meinen krebsfreien Raum. Daher nehme ich so oft wie möglich Auszeiten, d. h. Urlaub im Ausland, um Abstand und Pausen zu bekommen.
Wie hat die Diagnose Ihren Blick aufs Leben verändert?
Ich lebe in Dreimonatsabschnitten, von CT zu CT. In dieser Zeit gehe ich jeden Tag an, als wäre es der letzte – mit viel Freude und viel Effektivität. „Gestorben wird nicht“, lautet mein Motto.