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Wie wächst Krebs?

Sie täuschen, manipulieren und teilen sich unkontrolliert. Ein Überblick über die verschiedenen Strategien von Krebszellen.

Sie täuschen, manipulieren und teilen sich unkontrolliert. Ein Überblick über die verschiedenen Strategien von Krebszellen.

Die Diagnose Krebs erhalten hierzulande jährlich etwa 500.000 Menschen. Dank großer Fortschritte können immer mehr Betroffene gut behandelt werden. Doch nach wie vor bleiben einige Krebsarten schwer therapierbar, darunter aggressive Formen von Brustkrebs und Krebs der Bauchspeicheldrüse.

Was macht es heute trotz medizinischem Fortschritt immer noch so schwer, der Krankheit zu begegnen? Warum lässt sich der eine Krebs besser behandeln als ein anderer? Um das zu beantworten, decken Krebsforscherinnen und -forscher täglich in ihren Laboren mehr Wissen über Krebszellen auf.

Krebs manipuliert Kommunikationswege

Unkontrolliertes Teilen, Täuschen und Manipulieren – für all dies nutzen Krebszellen Stoffwechselproteine.

Auch im gesunden Organismus dienen Proteine als:

  • Signalstoffe, die Informationen zwischen der Zelle und ihrer Umgebung übermitteln
  • Rezeptoren, die sich aus der Oberfläche von Zellen wie Ärmchen strecken und zu den jeweiligen Signalstoffen passen wie ein Schlüssel zum Schloss
  • Enzyme, die biochemische Reaktionen beschleunigen und ohne die keine Aktion im Stoffwechsel abläuft

Um sich untereinander abzustimmen, kommunizieren gesunde Zellen mithilfe von Signalstoffen. Müssen beispielsweise Zellen erneuert werden, erlauben Wachstumssignalstoffe (oder medizinisch korrekt „Wachstumsfaktoren“) den Zellen kurzzeitig, sich zu teilen.

Wie wächst eine (Krebs-)Zelle?

Wachstumssignalstoffe docken an speziellen Rezeptoren auf der Oberfläche der Zielzelle an. In diesem Moment wird im Inneren der Zelle wie beim Dominospiel ein erstes Protein (ein Enzym) aktiviert. Dieses stößt ein Nächstes an, das wiederum ein weiteres erweckt usw. Ganz am Ende dieser Kettenreaktion vollzieht sich die Teilung.

Diesen Ablauf nennt man eine Signalkaskade oder einen Wachstumsweg – ein wichtiger Begriff in der Krebsforschung und -behandlung. Hier setzen viele neue Therapien an, die einzelne Proteine der Kette und damit das Krebswachstum hemmen.

Schematisches Bild einer Zellteilung Zellteilung Artikelbild
Auf ein Signal von außen hin wird im Zellinnern eine Signalkette angestoßen, die am Ende die Teilung des Erbgutes (DNA) auslöst. Die Zelle teilt sich und jede der beiden Tochterzellen erhält einen identischen Einzelstrang der DNA; die Zelle bildet daraus wieder einen Doppelstrang. © Nationale Dekade gegen Krebs/Smart.servier.com

Krebszellen allerdings schütten selbsttätig Wachstumssignalstoffe aus oder bilden auf ihrer Oberfläche besonders viele Andockstellen dafür, sodass sie die in ihrer Umgebung natürlicherweise vorhandene Wachstumssignalstoffe effektiver nutzen können. So gelingt es ihnen, unabhängig von anderen Zellen und deren Signalen, sich rasant zu teilen.

Zudem manipulieren manche Tumoren mithilfe von Signalstoffen die Zellen in ihrer Umgebung zu ihren Gunsten, regen sie zum Beispiel zur Neubildung von neuen Blutgefäßen an. So verschaffen sie sich mehr Nährstoffe und Sauerstoff.

Manche Krebsarten können durch Proteine sogar das Immunsystem täuschen, indem sie sich Tarnkappen aufsetzen.

Wie Krebs das Immunsystem täuscht

Krebszellen unterscheiden sich von gesunden Zellen durch ihre Proteine. Normalerweise kann das Abwehrsystem sie daran als „fremd“ erkennen. Zahlreiche Tumorarten verschleiern ihre Fremdartigkeit, indem sie sogenannte „Immuncheckpoints“ manipulieren. Diese balancieren im Normalfall die Angriffslust der körpereigenen Abwehr aus. Gesunde Zellen sollen nicht angegriffen werden und tragen zur Erkennung bestimmte Oberflächenproteine. Ertasten Abwehrzellen diese Proteine, pfeifen die Checkpoints sie zurück. Was geschieht, wenn das nicht richtig funktioniert, sieht man bei Auto-Immunerkrankungen.

Manche Krebszellen tricksen und bilden diese schützenden Proteine ebenfalls. Damit gaukeln sie den Immunzellen vor, nicht gefährlich zu sein und verstärken die bremsende Wirkung der Immuncheckpoints.

Neue Immuntherapien, die Immuncheckpoint-Inhibitoren, können diese Tarnkappen der Krebszellen lüften und das Immunsystem wieder entfesseln.

Jeder Krebs nutzt unterschiedliche dieser Strategien. Zudem können Tumoren dazulernen, d. h. auf neue Mechanismen umschwenken, wenn alte nicht mehr zum Erfolg führen, beispielsweise von einem Wachstumsweg auf einen anderen. Wie diese Anpassung oder Resistenz von Tumorzellen funktioniert, ist eine der großen ungelösten Fragen der Krebsmedizin. Dieser wird in der Nationale Dekade gegen Krebs mit großen Forschungsprojekten nachgegangen.

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Wie es dazu kommt, dass Zellen abweichende Proteine produzieren und zu Krebszellen werden, erfahren Sie im Artikel Wie entsteht Krebs?".

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