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Welcher Raucher bekommt Krebs?

Rauchen kann Krebs verursachen, das ist bekannt. Doch wer wird krank – und wer nicht? Eine neue Studie soll dabei helfen, dies für Lungenkrebs präziser vorherzusagen.

Abgebildet ist eine brennende Zigarette vor einem roten Hintergrund. Symbolbild brennende Zigarette
Rauchen verursacht Krebs – aber nicht bei allen Raucherinnen und Rauchern. Wer gehört zur Hochrisikogruppe? © Adobe Stock/Julia Manga

Bis zu 90 Prozent der Lungenkrebsfälle bei Männern und bis zu 60 Prozent bei Frauen sind auf das Rauchen zurückzuführen. Doch einige Menschen rauchen ihr Leben lang und werden trotzdem 100 Jahre alt. Woran liegt das? Expertinnen und Experten vermuten schützende Gene, doch klinisch verwertbares Wissen hierzu fehlt bislang. Niemand weiß sicher, wer zu den Begünstigten gehört – und wer zu denen, die erkranken werden.

Vor- und Nachteile von (Lungenkrebs-) Früherkennung

Generell gilt: Je höher der Nutzen und je geringer der potenzielle Schaden einer Früherkennungsmethode, desto empfehlenswerter ist sie.

Um Krebs in der Lunge zu erkennen, wird diese durchleuchtet; allerdings erhöht die Strahlendosis z. B. das Krebsrisiko.

Derzeit wird die Einführung eines Lungenkrebs-Screenings mit einer neuen, strahlungsärmeren Erkennungsmethode diskutiert, der mehrschichtigen Computertomographie (Low-dose-CT). Durch die geringere Strahlendosis minimiert sie das Risiko.

Weiter verbessern lässt sich das Schaden-Nutzen-Verhältnis, wenn man die Untersuchung nur Personen mit hohem Erkrankungsrisiko anbietet. Denn wer mit hoher Wahrscheinlichkeit Lungenkrebs bekommt, profitiert eher von einer frühen Diagnose.

Hier setzt die Forschung von Professor Hermann Brenner an. Der Epidemiologe vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und sein Team möchten dazu beitragen, das Erkrankungsrisiko von Rauchenden besser vorhersagen zu können.

Lungenkrebs ist früh erkannt besser behandelbar

„Es wäre sehr wünschenswert, neue Früherkennungsmethoden wie das Niedrig-Dosis-CT gezielt Personen anbieten zu können, die ein besonders hohes Risiko haben und die ganz besonders davon profitieren könnten", sagt Hermann Brenner.

Gerade Menschen mit Lungenkrebs profitieren von einer frühen Diagnose: Mehr als die Hälfte der Betroffenen im Stadium I überleben mindestens fünf Jahre. Bei einer Diagnose im fortgeschrittenen Stadium IV sind es dagegen weniger als zehn Prozent. Pauschal allen Rauchenden die Früherkennungsuntersuchung anzubieten, ist allerdings nicht unbedingt sinnvoll (siehe Infokasten).

Fahndung nach epigentischen Veränderungen

Bekannt ist, dass Rauchen starke epigenetische Veränderungen verursacht. Sie können verhindern, dass Gene für die Proteinproduktion genutzt werden oder — je nach Art der Markierung — auch eine übermäßige Produktion bewirken. In beiden Fällen kann Krebs entstehen. Besonders epigenetische Veränderungen der Gene AHRR und F2RL3 stehen im Verdacht, mit Lungenkrebs im Zusammenhang zu stehen.

Genau darauf konzentriert sich die federführende Wissenschaftlerin aus Brenners Team, Megha Bhardwaj. Die Forscherin untersuchte in ihrer Studie eingelagerte Bioproben aus der großen Bevölkerungsstudie ESTHER (siehe Infokasten).

Die ESTHER-Studie

In dieser Beobachtungsstudie war zu Beginn des Jahrtausends einer großen Anzahl von Menschen Blut entnommen und eingefroren worden. Informationen über den Lebensstil der Teilnehmenden wurden abgefragt – unter ihnen Rauchende und Nicht-Rauchende – und ihr Gesundheitszustand über Jahre weiter dokumentiert. Heute weiß man, wer Lungenkrebs bekommen hat.

ESTHER ist die Abkürzung für: Epidemiologische Studie zu Chancen der Verhütung, Früherkennung und optimierten Therapie chronischer Erkrankungen in der älteren Bevölkerung.

Im einstmals eingefrorenen Blut fahndete sie nach epigenetischen Veränderungen, die bei den an Lungenkrebs Erkrankten schon Jahre vor Ausbruch der Krankheit erkennbar waren. Und tatsächlich: Bei späteren Lungenkrebspatientinnen und -patienten zeigten sich schon früh verstärkt chemische Markierungen auf einigen Genen, sogenannte Biomarker. Entwickelt man verlässliche Bluttests, um sie nachzuweisen, ließen sich Hochrisikopersonen mit einer minimal belastenden Untersuchung herausfiltern und der eigentlichen Früherkennung (z.B. dem Low dose CT) zuführen.

Auf dieser Basis dürfte sich das Krebsrisiko künftig besser voraussagen lassen als durch alle bisher eingesetzten Methoden, die etwa auf der Intensität und Dauer des Tabakkonsums basieren. Nimmt man diese hinzu, verbessert sich die Treffsicherheit zusätzlich. Bis für die gefundenen Biomarker allerdings ein praxistaugliches und verlässliches Testverfahren entwickelt wird, sind noch einige Schritte nötig.

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