Vision Zero 2020
Am 20. Oktober 2020 wurde auf dem Symposium "Innovations in Oncology. Vision Zero" über eine Onkologie diskutiert, in der kein vermeidbarer Todesfall mehr akzeptiert wird. Neuentwicklungen bei den häufigsten Krebsarten waren ebenso Thema.
Aus Krisen gehen oft große Sprünge hervor, eröffnete das Kongressleitungsmitglied Prof. Christof von Kalle die interdisziplinäre Konferenz, die aufgrund der COVID-19-Pandemie virtuell stattfand. Er erläuterte die Zielsetzung des Symposiums: „Wir haben große Fortschritte im Bereich der Onkologie, insbesondere im Bereich der Diagnostik und Therapie.“ Doch bei der Behandlung sei man oft zu spät und das obwohl es einen großen Wissensschatz darüber gibt, wie Krebs zu verhindern sei oder früh genug erkannt werden könne.
In der Praxis sei man aber nicht in der Lage, diese Erkenntnisse aus dem Bereich Prävention bevölkerungsweit umzusetzen. Alle Beteiligten müssten selbstkritisch Ursachenforschung betreiben und zusammenarbeiten, um dies zu ändern und dafür „gemeinsam noch einmal jeden Stein umdrehen“.
Daten – das Gold des 21. Jahrhunderts
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nennt die Nationale Dekade gegen Krebs eine herausragende Initiative, bei der alle relevanten Akteure gemeinsam u.a. an einem besseren Austausch von Daten zwischen Forschung und Versorgung arbeiteten, um eine Vision Zero für Krebs umzusetzen.
Spahn kündigte zudem an, zukünftig Daten mit jeweiliger Zustimmung der Bürgerinnen und Bürgern aus dem „einmaligen Datenpool“ der Krebsregister der Länder am Zentrum für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut bundesweit zusammenzuführen. Diese Daten sollen auch für die Forschung verfügbar gemacht werden.
Des Weiteren erachtet Spahn die Schaffung eines europäischen Gesundheitsdatenraums und einen Rahmen für den Umgang damit als vordringlich. Das BMBF startete im Rahmen seiner EU-Ratspräsidentschaft gemeinsam mit Portugal und Slowenien, den beiden weiteren Ländern der Trio-Präsidentschaft, entsprechende Initiativen.
„Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern ein wenig länger“
Unter diesem Titel stellte ein weiteres Mitglied der wissenschaftlichen Kongressleitung, Prof. Michael Hallek von der Uniklinik Köln, die Schwerpunkte des aktuellen Arbeitsprogramms von Vision Zero vor:
- in der Prävention pragmatische, gezielte und schnelle Lösungen schaffen, die zeitnah Resultate liefern.
- Deutschland zu einem Innovationsland für die Krebsforschung machen.
- sichere und effiziente Datenkommunikationsstrukturen und damit lebensrettende datenintensive Forschung ausbauen.
„Wir setzen für den Kampf gegen eine Erkrankung, an der die Hälfte aller Bürgerinnen und Bürger im Laufe ihres Lebens erkrankt und 220.000 jedes Jahr versterben, ohne dass es ein großes öffentliches Thema ist, nur ein Fünfzehntel aller Gesundheitsaufwendungen ein“, sagte er. Und forderte insbesondere stärkere Investitionen in Prävention und translationale Forschung. Und das alles – im Gegensatz zum Straßenverkehr – „mit Vollgas!“
Bei all dem müsse die Einbindung der Patientinnen und Patienten in die Forschung intensiviert werden. Dass das wichtig ist und funktioniere, zeige das Beispiel der Nationalen Dekade gegen Krebs.
Die Dekade gegen Krebs und Vision Zero
Die Einbindung Betroffener in die Forschung ist ein Kernthema der Nationalen Dekade gegen Krebs. Die Initiative des BMBF will mit allen relevanten Akteuren gemeinsam die Krebsforschung zum Nutzen der Patientinnen und Patienten voranbringen. Dieses Ziel teilen die Dekade und der Vision Zero e.V., der einer der ersten offiziellen Unterstützer der Dekade ist. Alle relevanten Organisationen sind aufgerufen, sich diesem Vorbild anzuschließen und sich ebenfalls als Unterstützer zu bewerben.
Thomas Rachel, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung und Vorsitzender des Strategiekreises der Nationalen Dekade gegen Krebs, sprach in seinem Grußwort darüber, wie im Rahmen der Dekade Prävention, Datennutzung und Translation konkret vorangebracht werden.
Beispielsweise wurde bereits eine Ausschreibung zur Frage veröffentlicht, warum vermehrt junge Menschen an Darmkrebs erkranken und wie das zu verhindern ist. Ebenfalls hat die Bundesforschungsministerin kürzlich eine Erweiterung des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) von derzeit zwei auf künftig bis zu sechs Standorte bekanntgegeben.
Berichte von Neuentwicklungen in der Onkologie
In den sich anschließenden fachlichen Sitzungen berichteten Expertinnen und Experten über neueste Entwicklungen bei den häufigsten Krebsarten. Bei Brustkrebs sahen sie erhebliches Potenzial zur Verbesserung der Früherkennung durch den Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) in bildgebenden Verfahren sowie im risikoadaptiertem Vorgehen, beispielsweise für Frauen mit besonders dichtem Brustdrüsengewebe wie in der von Prof. Christiane Kuhl vorgestellten praxisverändernden ABBREMAS-Studie im Rahmen der Dekade. Auch die molekulargenetische Diagnostik bei familiärem Risiko wurde als wichtig erachtet. Peter Albers vom Deutschen Krebsforschungszentrum berichtete über Forschung zur Optimierung der Prostatakarzinomfrüherkennung und verweist auf PRIMA, eine weitere der praxisverändernden Studien im Rahmen der Dekade.
Zum Abschluss verlieh Laudator Prof. Heyo Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité – Universitätsmedizin Berlin den Vision-Zero-Präventionsaward an Prof. Ulrike Haug vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie. Sie wurde für ihre Verdienste in der angewandten Darmkrebspräventionsforschung ausgezeichnet.