Verborgener Ursprung: Therapie für nicht auffindbare Tumore
Bei drei bis fünf Prozent der Krebskranken finden sich Metastasen, nicht aber der Tumor, von dem sie sich abgesiedelt haben. Bislang erschwerte das die Behandlung. Eine neue Herangehensweise könnte eine effektivere personalisierte Therapie ermöglichen.
Manchmal finden Ärztinnen und Ärzte bei einem Erkrankten zwar Metastasen, nach dem Ausgangstumor suchen sie aber vergeblich. „Krebs unbekannten Ursprungs“ lautet dann die Diagnose — geläufig ist auch die englische Abkürzung CUP für Cancer of Unknown Primary.
Warum der Primärtumor nicht gefunden wird, ist unklar. Möglicherweise ist er zu klein für die existierenden Diagnosemethoden. Oder er ist zwischenzeitlich von der körpereigenen Abwehr zerstört worden. Vielleicht hat es auch nie einen Primärtumor gegeben. Die Forschung weiß noch wenig über CUP, daher war die Behandlung bisher schwierig. Die Diagnose ist eine große Belastung für die Betroffenen und die Prognose meist ungünstig, da als Therapie bisher nur eine breit wirksame Chemotherapie in Frage kommt. Nun haben Forschende einen neuen Ansatz genutzt, um bei CUP häufiger auch effektivere zielgerichtete Therapien einsetzen zu können.
Mithilfe neuer Diagnosemethode vorhandene Gegenmittel einsetzen
Solche Therapien waren bislang selten möglich, da man ohne das Wissen, aus welchem Organ bzw. Gewebe der Krebs entstanden ist, zu wenige Informationen über die Eigenschaften der Tumorzellen hat, um diese gezielt anzugreifen. Zum Teil lassen die Metastasen zwar Rückschlüsse zu, allerdings nur, wenn sie eine ähnliche Struktur wie das Herkunftsgewebe aufweisen. Dazu müssen Zellen aus den Metastasen entnommen und untersucht werden – aber die Probenmenge reicht oft nicht aus, um damit alle nötigen Analysen durchzuführen. Das hat die Möglichkeiten einer personalisierten Behandlung bislang massiv eingeschränkt.
Der neue Ansatz: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben nun sowohl Gewebe- als auch Blutproben der Betroffenen genutzt und konnten so genügend Material für die Bestimmung der Eigenschaften der Tumorzellen gewinnen. Denn auch im Blut befinden sich immer einige Tumorzellen und deren DNA-Bruchstücke. Bei etwa einem Drittel der Untersuchten fanden sie nun eine Krebsmutation, für die es bereits ein zielgerichtetes Medikament gab. Durch die damit durchgeführte Behandlung verlängerte sich die Zeit, in der das Krebswachstum bei den Betroffenen nicht voranschritt - und das, ohne sie mit mehr Nebenwirkungen zu belasten. Die Zuverlässigkeit der Ergebnisse aus der Liquid Biopsy war vergleichbar mit Untersuchungen an Tumorgewebeproben allein. Die Studie eröffnet damit die Möglichkeit, CUP zielgerichtet zu therapieren und die hierfür erforderlichen Untersuchungen einfach an Blutproben durchzuführen.
Forschende haben eine neue Leitlinie zum CUP-Syndrom erarbeitet
Darüber hinaus fassten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals die weltweit sehr heterogenen Diagnosekriterien für das CUP-Syndrom zu einer neuen Leitlinie zusammen, die als Grundlage für die Patientenrekrutierung dient. An der internationalen Studie waren maßgeblich Forschende des Dekadenpartners Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) sowie der Universität Heidelberg, des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und der Task Force "Cancer of Unkown Primary (CUP)" am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg beteiligt. Sie wurde von der Firma Hoffmann-La Roche finanziert.