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Neue Ansätze zur zielgerichteten Behandlung von Sarkomen

Forschende haben einen neuen Subtyp von Sarkomen entdeckt. Zwei miteinander verschmolzene Gene lassen ihn aggressiv wachsen. Durch intensive Laboruntersuchungen fanden sie Schwachstellen im Tumor, die zukünftig Angriffspunkte für neue Therapien sein können.

Weichteilsarkome sind selten – doch sie haben etwas mit vielen anderen Krebsarten gemein: Die Krebsart des Bindegewebes und der Muskulatur hat verschiedene Untergruppen, die sich in ihren Wachstumseigenschaften unterscheiden. Sie alle zeigen allerdings eine Entartung von unreifen Vorläuferzellen der Weichgewebe auf.

Wenn Krebszellen ihre Wachstumsstrategien jedoch stetig weiterentwickeln (Tumorevolution) und sich zugleich einzelne Bereiche des Tumors genetisch und molekular auseinanderentwickeln, entstehen rasch Resistenzen.

Neuer Sarkom-Typ – neue Therapieansätze

Nun haben Forschende des Partners der Nationalen Dekade gegen Krebs, dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) sowie des Nationalen Centrums für Tumorerkrankung (NCT) Heidelberg einen neuen Subtyp von Sarkomen beschrieben und therapierelevante Erkenntnisse über ihn erlangt. Der vor Kurzem noch unbekannte Sarkomsubtyp, der bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen auftritt, war dank zweier innovativer Programme für Präzisionsonkologie (siehe Infokasten) mehrfach aufgefallen. In einem nächsten Schritt widmeten sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der molekularen Analyse und detaillierten Laboruntersuchungen und klärten die molekularen und genetischen Abweichungen. Damit kamen sie der Ursache für sein krankhaftes Wachstumsverhalten auf die Spur: Sie liegt in zwei Genen, die miteinander verschmolzen sind (TFCP2-Fusion).

Gene dienen Zellen dazu, Proteine herzustellen, sie enthalten im übertragenen Sinne die „Bauanleitung“ dafür. Bei sogenannten Fusionsgenen verschmelzen jedoch diese „Bauanleitungen“ für zwei unterschiedliche Proteine. Dadurch entsteht ein neuartiges, krankhaftes Protein, das die Vermehrung der Zellen antreibt und sie besonders aggressiv wachsen lässt. Zugleich spricht es auf Standardtherapien nicht mehr an. Warum das so ist, war bislang weitgehend unverstanden.

Durch epigenetische Veränderungen, die zum Fusionsgen begleitend auftreten, hebt sich der Subtyp von den bislang bekannten ab. Deshalb plädieren die Forschenden dafür, ihn nicht als Subtyp des Rhabdomyosarkoms, sondern als eigenen Sarkomsubtyp zu klassifizieren. Aus dem besseren Verständnis der molekularen und genetischen Veränderungen der Krebszellen konnten die Forschenden nun mehrere potentielle Therapieansätze ableiten.

Programme für Präzisionsonkologie als Basis

Das Projekt wurde im Labor und unter Leitung von Professor Fröhling und Professorin Claudia Scholl erforscht. Beide arbeiten an einem weiteren wichtigen Projekt, das im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs gefördert wird: Die Aufklärung der Heterogenität, Evolution und Resistenz von durch Fusionsgene getriebenen Sarkomen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen (HEROES-AYA). Auch hier sollen im Labor die Vorgänge in den Sarkomkrebszellen detailliert aufgeklärt und neue therapeutische Ansatzpunkte geschaffen werden, um Resistenzen zu überwinden. Erkenntnisse aus dem einen Projekt fließen auch in das jeweils andere ein.

Erkenntnisse über seltene Krankheiten dank der Präzisionsonkologie-Programme MASTER und INFORM

MASTER: Molecularly Aided Stratification for Tumor Eradication Research

Innerhalb des MASTER-Programms werden Tumoren mithilfe von Präzisionsmethoden analysiert und behandelt. Es richtet sich an Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen seltenen Krebserkrankungen und an solche, bei denen eine Krebserkrankung in einem ungewöhnlich frühen Alter diagnostiziert wird. Zum Programm

INFORM: INdividualized Therapy FOr Relapsed Malignancies in Childhood

Krebskranke Kinder mit einem Rückfall sowie mit seltenen Krebserkrankungen werden ins INFORM-Projekt aufgenommen. Es ist das erste länderübergreifende Genomsequenzierungsprogramm für Kinder mit Krebs in Europa und kann so größere Datenmengen aus den Analysen seltener Krebsarten bündeln. Zum Programm

„Die Studie liefert wichtige Ergebnisse und bildet zugleich ein Musterbeispiel für den gesamten Kreis der Translation“, erläutert Prof. Dr. Stefan Fröhling, Geschäftsführender Direktor am NCT Heidelberg und Leiter der Abteilung für Translationale Medizinische Onkologie am DKFZ. „Klinisch verankerte Analysen in MASTER und INFORM führen zu eingehenden Untersuchungen im Labor. Die dort entdeckten neuen therapeutischen Ziele spielen wir in die Klinik zurück und verbessern so hoffentlich die Behandlung einer Patientengruppe, deren Erkrankung bisher zu wenig erforscht und versorgt war.“

Durch gleichzeitige Forschung und Versorgung unter einem Dach ist das NCT ein Paradebeispiel für gelebte Translation, also die schnellstmögliche Überführung von Forschungsergebnissen in die Krankenversorgung – ein Kernziel der Nationalen Dekade gegen Krebs. Deshalb wird das NCT im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs um vier Standorte erweitert.

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