Prostatakrebs: Schlechte Prognose bei Männern mit Diabetes
Männer mit Typ-2-Diabetes erkranken seltener an Prostatakrebs als Männer ohne Diabetes. Wenn sie erkranken, ist ihre Sterblichkeit jedoch höher. Woran das liegen könnte, hat ein Tübinger Forschungsteam herausgefunden.
Männer mit Typ-2-Diabetes erkranken seltener an Prostatakrebs als Männer ohne Diabetes. Wenn sie erkranken, ist ihre Sterblichkeit jedoch höher. Woran das liegen könnte, hat ein Tübinger Forschungsteam des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung herausgefunden.
Prostatakrebs und Typ-2-Diabetes gehören zu den häufigsten Erkrankungen in der westlichen Welt. Metaanalysen haben ergeben, dass Diabetiker seltener an dem Karzinom erkranken, aber öfter daran sterben. Dies bestätigen auch aktuelle Untersuchungen von Forscherinnen und Forschern des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen (IDM), einem Partner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), in Zusammenarbeit mit der Urologischen Universitätsklinik Tübingen. Das Forschungsteam hat kürzlich die Daten von Patienten analysiert, bei denen die Prostata krebsbedingt entfernt wurde. Wie erwartet waren darunter weniger Patienten mit Diabetes als in der Allgemeinbevölkerung. Allerdings hatten Prostatakrebspatienten mit Diabetes deutlich häufiger bereits Metastasen in den Lymphknoten. Zudem war der Anteil der Patienten, die nach den Leitlinien des „National Comprehensive Cancer Network“ (NCCN) zu der Patientengruppe mit einem sehr hohen Risiko für ein metastasiertes Prostatakarzinom gehören, bei den Betroffenen mit Diabetes signifikant höher.
Doch wie unterscheiden sich Prostatakarzinome bei Menschen mit und ohne Diabetes? Was macht das Prostatakarzinom von Patienten mit der Stoffwechselerkrankung so aggressiv? Diese Fragen haben die Forscherinnen und Forscher in einer weiteren Studie untersucht. Dazu haben sie 70 Tumorproben von Patienten ohne Diabetes und 59 Proben von Betroffenen mit Typ-2-Diabetes analysiert. Das Projekt wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Sitzländer des DZD gefördert.
Bei der Entstehung von Prostatakrebs spielen männliche Geschlechtshormone (Androgene) eine wichtige Rolle. Deshalb haben die Wissenschaftler die Signalkette dieser Geschlechtshormone untersucht. Dabei fanden sie heraus, dass Diabetespatienten in der Prostata mehr Androgenrezeptoren haben. Also mehr Zellmoleküle, an die das Hormon andocken kann. „Wir haben eine Genexpressionsanalyse von Schlüsselproteinen durchgeführt und festgestellt, dass bei Menschen mit Diabetes der Androgenrezeptor verstärkt gebildet wurde“, sagt Professor Martin Heni, der am IDM die Studie leitete. Auch der durch den Androgenrezeptor vermittelte Signalweg war verstärkt aktiviert.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben noch einen weiteren Unterschied gefunden: „In den Prostatakarzinomen der Patienten mit Diabetes werden verstärkt Insulinrezeptoren der Isoform A exprimiert“, erläutert Dr. Stefan Lutz, Erstautor der Studie. Diese Form des Insulinrezeptors bindet neben Insulin auch den insulinähnlichen Wachstumsfaktor IGF (englisch: insulin-like growth factor, IGF). Das trägt zum verstärkten Zellwachstum und zur verstärkten Zellteilung bei. Normalweise bilden Erwachsene hauptsächlich die Isoform B des Rezeptors, die kein IGF bindet.
Vorsorgeuntersuchung besonders wichtig
„Unsere Arbeit liefert neue Erkenntnisse darüber, warum der Prostatakrebs bei Männern, die an Typ-2-Diabetes leiden, so aggressiv ist“, fasst Professor Heni die Ergebnisse zusammen. Das Fazit: „Ein Prostatakarzinom bei Männern mit Typ-2-Diabetes hat eine schlechtere Prognose und muss daher früher und umfassender abgeklärt und behandelt werden als ein Prostatakrebs beim Nichtdiabetiker“, betont Professor Arnulf Stenzl, Chefarzt der Urologischen Universitätsklinik Tübingen.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. med. Martin Heni
Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen (IDM)
Otfried-Müller-Straße 10
72076 Tübingen
Martin.Heni@med.uni-tuebingen.de
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