Mit naturheilkundlichen Mitteln in der Pflege die Lebensqualität von Patientinnen nachhaltig verbessern
Starke Nebenwirkungen und psychische Ängste während und nach der Brustkrebstherapie belasten Patientinnen. Eine Heidelberger Studie untersuchte, inwieweit naturheilkundliche Anwendungen in der Pflege die Lebensqualität nachhaltig verbessern können.
Brustkrebs ist die häufigste Krebsart bei Frauen, jährlich gibt es über 70.000 Neuerkrankungen. Wird der Tumor frühzeitig diagnostiziert und ist er nicht zu aggressiv, kann die Brustkrebserkrankung aufgrund großer Fortschritte der Krebstherapien gut kurativ behandelt werden. Nach zehn Jahren leben über 80 Prozent der mit Brustkrebs diagnostizierten Frauen. Trotz der verbesserten Überlebenschancen erleiden die meisten Frauen aber starke Nebenwirkungen während und auch nach Abschluss der Therapie. Die konventionelle Krebsbehandlung in der gynäkologischen Onkologie funktioniert schon sehr gut. Dennoch haben viele Patientinnen das Bedürfnis, über ergänzende Methoden zur Verringerung der Nebenwirkungen der Krebstherapie beraten zu werden.
Zentrale Anliegen wie „Was kann ich noch selbst für mich tun?“, „Wie kann ich die Krankheit noch besser bewältigen?“, „Kann ich mich selbst um meine physischen und psychischen Symptome kümmern?“ und viele mehr werden noch nicht standard- und routinemäßig in Beratungen thematisiert. Zwar gibt es bereits häufig bewegungs-, ernährungs- und psychoonkologische Angebote, jedoch bei Fragen zum Thema Symptome und Lebensqualität sind die Patientinnen nicht selten auf sich alleine gestellt.
Congo-Studie
Um den Nutzen ergänzender naturheilkundlicher Pflegemaßnahmen und der Beratung zu diesen Maßnahmen für die Lebensqualität von Patientinnen zu untersuchen, wurde am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen und am Städtischen Klinikum in Karlsruhe im Zeitraum Juli 2014 bis Februar 2016 die Congo-Studie (Complementary Nursing in Gynaecologic Oncology) durchgeführt. Insgesamt wurden 251 Patientinnen randomisiert in die vom Bundesforschungsministerium geförderte Studie eingeschlossen.
Das Ziel der Congo-Studie war zu untersuchen, ob eine ergänzende naturheilkundliche Intervention im Bereich der Pflege die Lebensqualität von Patientinnen mit Brustkrebs und anderen gynäkologischen Tumoren verbessert. Aus anderen Studien war bereits bekannt, dass bessere Lebensqualitätswerte auch prognostische Relevanz auf das Gesamtüberleben hatten. Im Rahmen der Congo-Studie stellten Pflegende, Psychologen und Ärzte mit naturheilkundlicher Expertise ein pflegerisches Behandlungspaket zusammen, das auf die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen ausgerichtet war. Diese wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Die Interventionsgruppe erhielt in der Pflege zusätzlich zur Routineversorgung die ergänzenden Beratungsangebote und naturheilkundlichen Anwendungen. Diese bestanden beispielweise aus Shea Butter- oder Aloe Vera Gel-Einreibungen beim Hand-Fuß-Syndrom oder Lavendel- oder Rosmarin-Orangenöl-Brustkompressen bei Ängstlichkeit und innerer Unruhe. Die Anwendungen waren – je nach Bedürfnislage der Patientinnen – mit regelmäßigen Beratungen vor jeder neuen Chemotherapiegabe verbunden. Hierbei wurden ihre physischen und psychischen Symptome abgefragt und naturheilkundliche pflegerische Anwendungen aus dem Interventionspaket empfohlen. In einem Patiententagebuch erhielten die Patientinnen die Anleitungen zur Durchführung der naturheilkundlichen Anwendungen mit nach Hause, sodass sie selbst aktiv etwas für sich in der Zeit zwischen den Chemotherapiezyklen tun konnten.
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die Patientinnen der Interventionsgruppe sechs Monate nach Abschluss der Chemotherapie eine signifikant bessere Lebensqualität verspürten als die Patientinnen, die nur die Routineversorgung in Beratung und Pflege erhielten. Interviews, die mit den Patientinnen während des begleitenden Evaluationsprozesses geführt wurden, geben sehr anschaulich darüber Aufschluss, wie sehr einerseits die komplementäre und individuelle Umsorgung, andererseits aber auch die Möglichkeit, selbst etwas für sich zu tun, zu mehr Wohlbefinden und Zufriedenheit nach der Therapie führte.
Das entwickelte Beratungs- und Pflege-Programm wurde im Anschluss standardisiert und könnte so in Zukunft auch in anderen onkologischen Zentren ergänzend angewendet werden. Voraussetzung ist die Schaffung der notwendigen Rahmenbedingungen wie Personal, Räumlichkeiten, Qualitätsprodukte und interprofessionelle Strukturen und Prozesse.