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Übergewicht in jungen Jahren – Ein Risikofaktor für frühen Darmkrebs

Immer mehr jüngere Menschen erkranken an Darmkrebs. Gleichzeitig nimmt das Körpergewicht von Kindern und Jugendlichen seit Jahren bedenklich zu – die WHO spricht von einer Epidemie der Fettleibigkeit in Europa. Wie hängt das zusammen?

Zwei wichtige Fragen, mit denen sich die AG Prävention der Nationalen Dekade gegen Krebs beschäftigt, sind:

  • Wieso nehmen die Krebserkrankungen (hier am Beispiel Darmkrebs) bei jungen Menschen besorgniserregend zu?
  • Wie können das individuelle Erkrankungsrisiko eingeschätzt und entsprechend angepasste Vorsorge- und Früherkennungsmaßnahmen realisiert werden?

Beide Fragen adressiert eine aktuelle Studie von Forschenden um Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Der Epidemiologe, ein Themenpate der AG Prävention der Nationalen Dekade gegen Krebs (NDK), untersuchte mit seinem Team, ob ein immer höheres Körpergewicht bei jüngeren Generationen mit den ansteigenden Darmkrebserkrankungen korrespondiert.

Ist es Zufall, dass junge Menschen immer dicker werden und häufiger Darmkrebs bekommen?

Wie könnte Übergewicht mit Krebs zusammenhängen?

Fettgewebe – insbesondere Bauchfett –­ setzt Stoffwechselprozesse in Gang, die die Krebsentstehung begünstigen. 

Als Ursache werden Stoffe vermutet, die im Fettgewebe vermehrt produziert und ausgeschüttet werden, zum Beispiel Entzündungsbotenstoffe und bestimmte Hormone, die sich über das Blut verteilen. Sie regen Krebszellen zu Wachstum, Metastasierung an und helfen ihnen, zu überleben. Fettleibigkeit (Adipositas) wird heute als chronisch-entzündlicher Zustand betrachtet. Gleichzeitig weiß man, dass dauerhafte (chronische) Entzündungen in der Lage sind, die Entstehung von Krebserkrankungen zu fördern. 

Ein niedriger BMI bedeutet im Übrigen keine automatische Entwarnung. Auch relativ schlanke Personen, die sich wenig bewegen, können zu viel Bauchfett angesammelt und dadurch ein erhöhtes Krebsrisiko haben, warnt das DKFZ.

Andersherum kann jedoch regelmäßige körperliche Betätigung diese Prozesse positiv beeinflussen und der Krebsentstehung entgegenwirken. 

Um die Auswirkung von körperlicher Aktivität und Ernährung auf das Krebsrisiko eines Menschen zu erforschen, fördert das BMBF auch hierzu hochqualitative Beobachtungsstudien.

Dass beides in den letzten Jahrzehnten in vielen europäischen Ländern kontinuierlich angestiegen ist, wird bereits schon länger beobachtet und Expertinnen und Experten vermuten hier einen Zusammenhang.

Die DKFZ-Forschenden werteten die Daten der u.a. durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten und noch laufenden Fall-Kontrollstudie „Darmkrebs: Chancen der Verhütung durch Screening (DACHS)“ aus; sie ist eine der weltweit größten Studien zu Darmkrebs und startete 2003. In ihr befragen Forschende Darmkrebsbetroffene sowie zufällig ausgewählte Vergleichspersonen ohne Darmkrebs nach ihren vergangenen und gegenwärtigen Gewohnheiten und Verhalten (u.a. hinsichtlich Vorsorge) und erfassen weitere Faktoren, wie deren Gewichtsentwicklung, Geschlecht und Alter.

Neue Biomarker für Prävention und Prognose
Zudem werden die Probandinnen und Probanden um kleine Mengen Blut sowie um Tumorgewebeproben gebeten, um diese auszuwerten. Eine Hoffnung ist, in den Proben frühe Hinweise auf ein erhöhtes Krankheitsrisiko bzw. den Krankheitsverlauf zu entdecken. Dann könnten in Zukunft Prävention und Früherkennung, aber auch bestimmte Therapien noch gezielter und effektiver eingesetzt werden. Gegebenenfalls lassen sich so beispielsweise Menschen mit erhöhtem Risiko besser vorab identifizieren; diese könnten dann besser präventiv beraten werden.

Die an Darmkrebs Erkrankten werden in DACHS nachbeobachtet, das heißt ihre Ärztinnen und Ärzte werden drei Jahre nach der Therapie um Informationen zur Behandlung gebeten und die Betroffenen selbst nochmal nach fünf und zehn Jahren zu ihrer gesundheitlichen Situation befragt. Mit den Erkenntnissen sollen Prävention, Therapie und Prognose von Darmkrebs verbessert werden.

DACHS - eine Beobachtungsstudie zur Aufklärung von Lebensstil und Krebsrisiko

Seit Beginn der DACHS-Studie haben sich rund 15.000 Personen an diesem Forschungsprojekt beteiligt. Die von ihnen erhobenen Daten wurden bereits zu mehr als 100 Fragestellungen wissenschaftlich ausgewertet, so auch in der aktuellen Brenner-Studie zu Übergewicht. Dabei zeigte sich, dass Teilnehmende, die schon in frühem Alter übergewichtig oder fettleibig waren, eher und zu einem früheren Zeitpunkt im Leben eine Darmkrebserkrankung entwickelten als normalgewichtige Altersgenossen.

Personen, die bereits im Alter von 20 Jahren fettleibig waren, hatten demnach ein 2,6-fach erhöhtes Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Aber auch Menschen mit nur leichtem Übergewicht (definiert als BMI zwischen 25 bis 30), das als Prä-Adipositas bezeichnet wird, entwickelten früher und häufiger Darmkrebs.

Die Ergebnisse der Forschergruppe unterstützen die Hypothese, dass das ansteigende Körpergewicht in der jüngeren Generation mit dem häufigeren Auftreten früherer Darmkrebserkrankungen ursächlich zusammenhängt.

Brenners Fazit: „Die Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Maßnahmen zur Prävention von Übergewicht und Adipositas gerade in jüngeren Generationen für die Darmkrebsprävention ebenso wichtig sind wie zur Vorbeugung anderer Volkskrankheiten."

Übergewicht ist ein nachgewiesener Risikofaktor für einige Krebsarten
Für insgesamt 13 Krebsarten wurde bislang ein gesicherter Zusammenhang mit Übergewicht nachgewiesen: Neben Darmkrebs gilt Adipositas beispielsweise auch als Risikofaktor für Brustkrebs bei Frauen nach den Wechseljahren sowie Krebs der Speiseröhre. Bisherige Daten weisen darauf hin, dass je stärker ausgeprägt die Fettleibigkeit ist, desto höher das Krebsrisiko liegt.

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