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Krebsregister: Forschung für die Menschen

Krebsregister sind Datenbanken, in denen Daten zu onkologischen Erkrankungen erfasst werden. Das gibt Aufschluss über den aktuellen Stand und mögliche Verbesserungen der Versorgung. Auch die Forschung kann durch sie neue Erkenntnisse gewinnen.

Deutschland verfügt über epidemiologische und klinische Krebsregister, die sich in den erfassten Daten und ihren Zielen unterscheiden.

Epidemiologische Krebsregister 

Epidemiologisch bedeutet „bevölkerungsbezogen“, d.h. Aufgabe dieser Register ist es, Daten zur Verteilung von Krebs in der Bevölkerung bzw. in bestimmten Bevölkerungsgruppen (z.B. aus einem Bundesland oder einer Region) zu erfassen. Sie bilden neben der amtlichen Todesursachenstatistik die einzige Datenbasis zur Häufigkeit und Verbreitung von Krebserkrankungen in der Bevölkerung.

Welche Daten werden erfasst?

Dafür muss jede Ärztin und jeder Arzt bestimmte Daten melden, wenn er oder sie eine Krebserkrankung feststellt bzw. behandelt. Dazu gehören das Alter und das Stadium der Erkrankung bei Diagnose, Informationen zur Lokalisation und Ausbreitung des Tumors sowie zum Geschlecht der oder des Erkrankten. Unabhängig davon, wo die Diagnose gestellt wird, wird dies dem Einzugsbereich des Wohnorts des Erkrankten zugeordnet. Alle Daten werden in einem einheitlichen Formular erfasst, damit die Daten vergleichbar sind. Die epidemiologischen Krebsregister sind seit dem Jahr 2009 flächendeckend verfügbar.

Der Weg der Daten

Jedes Bundesland hat ein epidemiologisches Krebsregister, von denen jedes seine Erfassungen seit 2011 jährlich unter Beachtung des Datenschutzes und in einheitlichem Format spätestens bis 31. Dezember des übernächsten Jahres zu allen bis zum Ende eines Jahres erfassten Krebsneuerkrankungen an das Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) weiterleitet. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führen diese Daten zusammen und analysieren sie. Darauf basierend erscheint alle zwei Jahre die Broschüre „Krebs in Deutschland“ als gemeinsame Publikation der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister e.V. (GEKID) und des ZfKD im Robert Koch-Institut.

Publikationen

Die Daten werden publiziert in „Krebs in Deutschland“. Die aktuelle Ausgabe ist ebenso wie frühere Ausgaben online frei abrufbar.


Der „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland“ gibt seit 2016 alle fünf Jahre Übersicht zu wichtigen Aspekten des Krankheitsgeschehens in Deutschland sowie den Fortschritten bei der Krebsbekämpfung.


Quelle: Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) im Robert Koch-Institut

Der Nutzen für die onkologische Versorgung

Die Daten geben Auskunft darüber, wie viele Menschen in Deutschland jährlich an Krebs erkranken. Das ermöglicht die Organisation und Steuerung des Versorgungsbedarfs, Entscheidungen zu Finanzierungsfragen und zur Einführung von Optimierungsmaßnahmen.

Nutzung epidemiologischer Krebsregisterdaten für Forschungsfragen

Die Darstellung nach Wohnort zeigt, wenn an einem Ort bestimmte Krebsarten häufiger sind als an anderen oder die Neuerkrankungen (in Gänze oder nur für einzelne Krebsarten oder Orte) sinken oder ansteigen. Bei lokaler Häufung von Krebs können Hypothesen im Zusammenhang mit bestimmten Bedingungen am Wohnort (z.B. dem regionalen Auftreten natürlicher Radonstrahlung oder Feinstaubbelastung in Ballungsräumen oder Bergbaugebieten etc.) aufgestellt und untersucht werden.

Des Weiteren kann man aufgrund der Daten sehen, ob und in welchem Maß Krebs nach neu eingeführten Früherkennungsmaßnahmen tatsächlich in einem früheren Stadium entdeckt wird und ob sich das auf das Überleben der Betroffenen auswirkt.

Aus den Analysen ergeben sich Hinweise auf weitere Fragen, die erforscht werden müssen. 

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Der Nationale Krebsplan wurde 2008 vom Bundesgesundheitsministerium gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren und den heutigen Partnern der Dekade gegen Krebs, der Deutschen Krebshilfe und der Deutschen Krebsgesellschaft, ins Leben gerufen. Ziel ist die Weiterentwicklung der Krebsversorgung.


Das Pendant auf Forschungsebene ist die Nationale Dekade gegen Krebs, mit dem das Bundesministerium für Bildung und Forschung alle Kräfte in Deutschland im Kampf gegen Tumorerkrankungen bündelt und damit die Krebsforschung, den schnellen Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis sowie verbesserte Prävention und Früherkennung vorantreibt.

Klinische Krebsregister

Das Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz (§ 65c SGB V, 2013) verpflichtete die Bundesländer auch dazu, flächendeckende klinische Krebsregister einzurichten und folgt damit dem Nationalen Krebsplan.

Welche Daten werden erfasst?

Klinische Register speisen sich aus Meldungen von Kliniken, Tumorzentren bzw. onkologischen Schwerpunkten, die detaillierte Daten zur Diagnose und Therapie ihrer Patientenschaft erheben, unabhängig von der Region, aus der die Betroffenen stammen. Erfasst werden die genaue Diagnose (mit Histologie), jeder Behandlungsschritt (z.B. OP, Chemotherapie mit welcher Substanz, in welchen Dosierungen oder Zeitintervallen), wie lange der Tumor dadurch zurückgedrängt wurde, ob es Komplikationen gab und wie die Lebensqualität war. Über die so genannten Sektorengrenzen hinweg wird weiterverfolgt, ob der Krebs zurückgekommen ist und wie lang die Lebenszeit nach der Diagnose ist. 

Der Weg der Daten

Die Daten der Landesregister werden einrichtungsübergreifend zusammengeführt, anonymisiert, alle zwei Jahre in „Onkologischen Qualitätskonferenzen“ von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT) ausgewertet und im Rahmen des Deutschen Krebskongresses dargestellt. Für die Dokumentation gibt es ein einheitliches Format, das Ärztinnen und Ärzten vorgibt, wie sie die Daten erfassen sollen („einheitlicher onkologischer Basisdatensatz“).

Warum Daten ein einheitliches Format brauchen und wie das mit dem Datenschutz ist

Aussagekraft der Daten 

Die Register erlauben Bewertungen zur Qualität der onkologischen Versorgung an einzelnen Einrichtungen und zeigen, ob die Standards für die Durchführung von Therapie oder interdisziplinären Maßnahmen eingehalten wurden. Ärztinnen und Ärzten erhalten über die Landesstellen der klinischen Register direkte Rückmeldungen zum Krankheitsverlauf ihrer Behandelten und können schneller an Erfahrung gewinnen.

Mithilfe der Behandlungsverläufe kann außerdem ausgewertet werden, wie wirksam sich einzelne (z.B. innovative) Therapien unter den Bedingungen der Routineversorgung erweisen und ob alle Patientengruppen gleichsam profitieren. Die erhobenen Daten zur Lebensqualität geben Hinweise, welche Therapieformen oder welches Vorgehen den Betroffenen einen Vorteil bieten.

Zusammenführung aller Krebsregister zum Nutzen von Forschung und Versorgung

Zunehmend können Forschungs- und Versorgungsfragen mit herkömmlichen Studiendesigns nicht mehr hinreichend beantwortet werden. Schon jetzt gibt es Kooperationen von Krebsregistern mit Forschungsprojekten, die die Daten nutzen. Um das Nutzenpotential der Krebsregisterdaten noch weiter auszuschöpfen, sieht ein Gesetzentwurf (PDF, 529kB, Datei ist nicht barrierefrei) die bundesweite Zusammenführung klini­scher und epidemiologischer Krebsregister am Zentrum für Krebsregisterdaten im Robert Koch-Institut vor.

Zudem sollen zusätzliche Daten zur Therapie und zum Verlauf von Krebserkrankungen erfasst werden. In der zweiten Stufe soll ein kooperativer Datenverbund der Krebsregister mit dem Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) und klinisch-wissenschaft­lichen Akteuren aus Versorgung und Forschung geschaffen werden.

Alle Prozesse der Datenerfassung und -auswertung sollen dafür einheitlich gestaltet und Schnittstellen geschaffen werden, um die Kompatibilität und den elektronischen Austausch mit anderen Datenquellen zu gewährleisten. Eine eigene Plattform ist geplant, um die bundesweite anlassbezogene Datenzusammenführung und Analyse der Krebsregisterdaten aus den Ländern sowie eine Verknüpfung von Krebsregisterdaten mit anderen Daten zu erleichtern. Behandelnde und die (klinische) Forschung sollen auf Antrag zugreifen können. Dabei werden die Maßnahmen zum Datenschutz erweitert und die Nutzung der Öffentlichkeit transparent gemacht.

Warum Zusammenführung zu „Big data“?

Der daraus resultierende Datenschatz geht über das hinaus, was z.B. in einzelnen Klinikregistern an Daten und damit Aussagekraft zusammenkommt. Die Auswertung und Verknüpfung mit anderen Datenquellen kann Erkenntnisse zu vielen Aspekten vertiefen, Verbesserungspotentiale aufdecken, um konkrete Maßnahmen zum Nutzen der Betroffenen daraus abzuleiten. Daten aus den epidemiologischen Registern sind vor allem für die Versorgungsforschung essentiell.

Um die riesigen Datenmengen („Big data“) computergestützt systematisch nach Zusammenhängen zu durchsuchen (Data mining), nutzen Forschende die Bioinformatik. Immer bessere Methoden der künstlichen Intelligenz wie das Machine Learning helfen, neue Querverbindungen, Trends oder Muster aufzuzeigen. Daten zu Behandlung und Krankheitsverlauf lassen sich so z.B. mit Daten der Tumor-DNA aus Biodatenbanken verknüpfen. Heute weiß man z.B., dass bestimmte aggressive Therapien nicht allen Betroffenen nutzen. Der Abgleich mit dem genetischen Profil des Tumors kann aufdecken, welche Patientengruppen das betrifft. Sind die Daten Ärztinnen und Ärzten in der Versorgung zugänglich, können sie recherchieren, welche Optionen für ihre Behandelten infrage kommen. Eine Analyse kann auch aufdecken, welche Therapien bei ihnen womöglich besser anschlagen. Systematisch ausgewertet helfen diese Erkenntnisse auch, Behandlungsleitlinien zu verbessern, sodass entsprechend getesteten Betroffenen zukünftig die Belastung durch eine bei ihnen nicht wirksame Therapieform erspart werden kann. Und es lassen sich aus einer Vielzahl von Genveränderungen jene herausfiltern, die typisch für eine bestimmte Erkrankungsart sind oder an denen bereits bekannte Medikamente effektiv ansetzen können. 

Forschung braucht Daten

Moderne (Evidenzbasierte) Medizin hat den Anspruch, Therapien einzusetzen, für deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit es Nachweise gibt. Dies lässt sich nur auf Basis von Fakten (Daten) erreichen. Daten helfen auch, Behandlungsmethoden systematisch weiterzuentwickeln und neue Wege zu entdecken. Die Verknüpfung von Daten über die Bereiche Forschung und Versorgung hinweg, dient der optimalen Ausschöpfung der vorhandenen Ressourcen und beschleunigt die Entwicklung immer besserer Behandlungsmethoden - zum Wohle der Patientinnen und Patienten.

Daher ist die Datenvernetzung ein wichtiges Ziel der Nationalen Dekade gegen Krebs, mit der sich die eigens gegründete AG „Wissen generieren durch Vernetzung von Forschung und Versorgung“ beschäftigt. Die Vernetzung von Praxis und Forschung ermöglicht zudem eine schnellere Translation und damit eine optimale Behandlung von Betroffenen – ebenfalls ein wichtiges Ziel der Dekade gegen Krebs.

Das aus den Registern gewonnene Wissen wird helfen, die Versorgung von Patientinnen und Patienten zu verbessern und ihnen Innovationen schnellstmöglich zugänglich machen (Translation). Umgekehrt sorgt das Zurückspielen der am Krankenbett gewonnenen Erfahrungen mit dem Einsatz innovativer Therapien für die weitere Optimierung dieser Ansätze durch Forschende.

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