Impfen gegen Gebärmutterhalskrebs: von der Hypothese zum Nobelpreis
Mit seiner Erkenntnis, dass humane Papillomviren (HPV) Gebärmutterhalskrebs auslösen, legte Nobelpreisträger Harald zur Hausen den Grundstein für eine völlig neue Krebsprävention: Die erste Schutzimpfung gegen Krebs kam 2006 auf den Markt.
Mit seiner Erkenntnis, dass humane Papillomviren (HPV) Gebärmutterhalskrebs auslösen, legte Nobelpreisträger Harald zur Hausen den Grundstein für eine völlig neue Art der Krebsprävention: Die erste gezielt gegen Krebs entwickelte Schutzimpfung kam 2006 auf den Markt. Heute arbeiten Wissenschaftler daran, spezifischere, wirksamere und kostengünstigere HPV-Impfstoffe zu entwickelt.
Gebärmutterhalskrebs ist die weltweit vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen. Schon vor Jahrhunderten war Ärzten bekannt, dass häufig wechselnde Sexualkontakte einen Risikofaktor für diesen Krebs darstellen. Das ließ auf eine infektiöse Ursache schließen. Mitte der 1970er Jahre war die Fachwelt der Meinung, Herpesviren seien die verantwortlichen Erreger.
Doch der junge Wissenschaftler Harald zur Hausen († 2023) setzte stattdessen auf humane Papillomviren (HPV), die bereits bekannten Warzen-Erreger. Alte medizinische Berichte von Genitalwarzen, die zu Krebs entarten können, hatten ihn auf diese Spur gebracht.
Gut versteckte Erreger
Diese Hypothese zu beweisen, erwies sich mit den Methoden der damaligen Zeit als äußerst schwierig. Zur Hausen und seine Mitarbeiter suchten in Krebs-Gewebeproben lange vergebens nach HPV-Erbgut. Was die Wissenschaftler zunächst nicht wussten: Warzenviren sind eine riesige Familie ähnlicher, aber eben nicht identischer Erreger. Daher übersahen sie für lange Zeit die DNA der krebserregenden Vertreter dieser Erreger.
Erst etwa ein Jahrzehnt später konnte zur Hausens Team 1982 mit HPV16 erstmals krebserregende Papillomviren in Gebärmutterhals-Tumoren nachweisen. 1984, inzwischen war zur Hausen zum Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) berufen, folgte dann HPV18 als zweiter wichtiger Krebserreger. Heute weiß man, dass diese beiden HPV-Typen für rund 70 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich sind. Daneben sind inzwischen etwa zehn weitere krebserregende HPV bekannt.
Gentechnik für den Impfstoff
Wenn Viren die Auslöser von Gebärmutterhalskrebs sind, dann sollte auch ein Impfstoff gegen diesen Krebs entwickelt werden können. Diese Idee hatte zur Hausen schon sehr früh. Seine Mitarbeiter Lutz Gissmann und Matthias Dürst konnten schließlich eine wichtige biologische Hürde für die Impfstoffentwicklung nehmen: HPV lässt sich im Labor nicht vermehren. Das aber ist die Voraussetzung, um genug Material herzustellen. Die beiden Forscher schafften es, mit gentechnischen Methoden große Mengen eines Eiweiß der Virushülle herzustellen. Diese Proteine fügen sich spontan zu virusähnlichen Gebilden zusammen, die als Impfstoff verwendet werden konnten.
Im Jahr 2006 kamen fast zeitgleich zwei auf dieser Basis hergestellte Impfstoffe auf den Markt, die vor Infektion mit den beiden wichtigsten Krebserregern HP16 und 18 schützen. Bereits 2007 sprach die Ständige Impfkommission eine Impfempfehlung für Mädchen aus, die 2018 schließlich auch auf Jungen ausgedehnt wurde.
Preisgekrönte Forschung
2008 erhielt Harald zur Hausen für seine herausragende wissenschaftliche Leistung den Nobelpreis für Medizin.
Seit 2016 ist ein Impfstoff verfügbar, der vor neun verschiedenen HPV schützt und damit 90 Prozent aller Fälle von Gebärmutterhalskrebs verhindern kann. Außerdem schützen die HPV-Impfstoffe auch vor zahlreichen anderen genitalen Tumoren und vor Krebs des Rachenraums. Kürzlich erst stellten DKFZ-Forscher einen neuartigen Impfstoff-Prototypen vor, der vor allen krebserregenden HPV-Typen schützen soll. Das neue Präparat benötigt keine teure, aufwändige Kühlung und soll insbesondere in Entwicklungsländern eingesetzt werden, die von HPV-bedingten Krebsarten besonders betroffen sind. Das Ziel ist, damit die Impfraten vor allem dort zu steigern, wo Schutz vor der tödlichen Krankheit am dringendsten benötigt wird. Ebenfalls im DKFZ läuft die Entwicklung einer so genannten „therapeutischen HPV-Vakzine“ mit der sich bereits bestehende Infektionen und deren Folgen behandeln lassen sollen.