Gentest klärt ab, ob Chemotherapie verzichtbar ist
Ein Gentest erlaubt die Abschätzung, ob eine an Brustkrebs erkrankte Patientin möglicherweise auf eine belastende Chemotherapie nach der Operation verzichten kann. Zurzeit wird das Verfahren in Deutschland und weiteren europäischen Ländern getestet.
Ein verhältnismäßig neuer Gentest erlaubt die Abschätzung, ob eine an Brustkrebs erkrankte Patientin möglicherweise auf eine belastende Chemotherapie nach der Operation verzichten kann. Zurzeit wird der Test an mehr als 25 Pathologie-Instituten in Deutschland, der Schweiz und weiteren Ländern Europas für die klinische Anwendung angeboten.
Sind Frauen an Brustkrebs erkrankt, wird meist der Tumor operativ entfernt. Um sicher zu gehen, dass keine Krebszellen mehr wachsen, sieht die weiterführende Behandlung in der Regel eine Chemotherapie vor. Unter Chemotherapie ist die Gabe von Medikamenten zu verstehen, die auf die krankheitsverursachenden Zellen wirken. Leider wird diese Therapie so gut wie immer von starken Nebenwirkungen begleitet. Übelkeit und Erbrechen, Erschöpfung, Haarausfall, Schleimhautentzündungen und Blutbildveränderungen belasten die Patientinnen.
Prognose für den Verlauf der Erkrankung
Seit 2012 ermöglicht ein verhältnismäßig neues Testverfahren, den Verlauf der Erkrankung recht gut vorherzusagen und damit auch die Frage zu beantworten, ob eine belastende Chemotherapie nötig ist. Bei dem Verfahren handelt es sich um einen genetischen Test. Dabei wird das Erbgut eines Menschen untersucht. Der genetische Test kann Patientinnen identifizieren, die allein unter einer anti-hormonellen Behandlung und ohne Chemotherapie eine mehr als 95-prozentige Wahrscheinlichkeit haben, in den nächsten zehn Jahren keine weiteren Metastasen, also den erneuten Befall der Zellen mit einem Krebsgeschwür, zu entwickeln. Vereinfacht gesagt, ist in diesen Fällen eine anti-hormonelle Behandlung so erfolgversprechend, dass auf die belastende Chemotherapie verzichtet werden kann.
Wie funktioniert der Test? Anhand einer kleinen Gewebeprobe des Tumors wird die Aktivität von zwölf Genen untersucht. Für diese Gewebeprobe ist kein zusätzlicher Eingriff nötig, es kann auf das vorhandene Gewebe aus einer Biopsie oder Operation zurückgegriffen werden. Mit einem mathematischen Algorithmus wird dann der individuelle Risiko-Wert errechnet. Dieser erlaubt eine belastbare Einschätzung über den Verlauf der Erkrankung und auch das Rückfallrisiko.
Grundlegende Wandlung in der Krebstherapie
Zurzeit wird der Test an zirka 25 Pathologie-Instituten in Deutschland und der Schweiz für die klinische Anwendung angeboten. Geeignet ist das Verfahren für etwa 70 Prozent der Brustkrebspatientinnen mit so genannten hormonrezeptorpositiven Karzinomen. Zwei Drittel der Patientinnen mit bösartigen Tumoren leiden an einer Brustkrebsform, die mit einer Anti-Hormontherapie behandelte werden können. Bei diesen Patientinnen ist das Wachstum der Krebszelle durch weibliche Geschlechtshormone entstanden. Durch die Anti-Hormontherapie wird dem Tumor die wachstumsfördernde Grundlage entzogen.
Durch die neue Möglichkeit, einen Tumor genetisch zu analysieren, hat sich die Krebstherapie grundlegend gewandelt. Während früher alle Betroffenen nach dem „Gießkannenprinzip“ die gleiche Behandlung erhielten, steht heute mehr und mehr die einzelne Person mit ihren spezifischen Tumoreigenschaften im Blick. Oft wird in diesem Zusammenhang von „personalisierter“ oder „individualisierter“ Therapie gesprochen. Dabei werden verschiedene Faktoren betrachtet: Alter, Tumorgröße, Lymphknotenbefall, Gewebeeigenschaften (Histologie) und der Wachstumsfaktor Ki-67 (Hinweis auf Aggressivität des Tumors).
Vermarktet wird der Test unter dem Markennamen EndoPredict®-Test. Entwickelt wurde er von der Firma Sividon Diagnostics GmbH aus Köln, die vor drei Jahren von einer US-amerikanischen Firma übernommen wurde und nun zum weltweit agierenden Konzern Myriad Genetics Inc. gehört.