Survivorship und Patientenbeteiligung im Fokus
Der Deutsche Krebskongress 2024 stand unter dem Motto „Fortschritt. Gemeinsam. Gestalten.“ Patientinnen und Patienten sowie Krebsüberlebende rücken dabei immer stärker in den Mittelpunkt.
„Aufgeben gibt es für mich nicht, das haben Sie gesagt, sehr geehrte Frau Anne-Sophie Mutter Ein starker Satz. Ein Satz, der auch dazu gut passt, was uns heute alle zusammen hierher führt im Kampf gegen Krebs. Aufgeben gibt es nicht, für keinen von uns. Denn am Ende, das haben Sie wiederum gesagt, sehr geehrter Herr Prof. Ghadimi, haben wir alle nur ein Ziel: Dass unsere Patienten profitieren.“ So eröffnete Judith Pirscher, Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) den Deutschen Krebskongress (DKK) 2024. Der größte Fachkongress zur Krebsdiagnostik und -therapie in Deutschland fand in diesem Jahr vom 21. bis 24. Februar in Berlin statt. Etwa 12.500 Interessierte nahmen daran teil.
Staatssekretärin Pirscher hob das Patientenwohl als oberstes Ziel hervor und betonte die gemeinsame Forschung als „schlagkräftigstes Werkzeug“ gegen den Krebs: „In der Nationalen Dekade gegen Krebs bündeln wir alle Kräfte.“
Survivor-Forschung
Dank guter Forschung überleben immer mehr Menschen eine Krebserkrankung. Sie haben aber, wie auch Patientinnen und Patienten, oft andere Erwartungen und Prioritäten als Forschende. Ihre Erfahrungen sollen daher noch gezielter einfließen. „Die so genannten Cancer Survivors nehmen wir verstärkt in den Blick beim zweiten Teil unserer Dekade gegen Krebs“, kündigte die Staatssekretärin an. Neue Fördermittel für die Survivorship-Forschung würden voraussichtlich noch in diesem Sommer bereitgestellt. Die Forschung soll damit sollen brennende Fragen beantworten: Wie lassen sich Krankheits- und Therapiefolgen vermeiden? Und wie lassen sich die Lebensqualität und -erwartung von Survivors erhöhen?
Derzeit gibt es noch nicht ausreichend Survivorship-Forschung. Das wurde auf dem DKK durch eine Vielzahl von Vorträgen deutlich, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven der Frage näherten, was Patientinnen und Patienten wollen und wie sie gut eingebunden werden können. Aus der Versorgung berichtete Dr. med. Hanna Woopen. Sie stellte die „Survivorship Klinik“ vor, eine Sprechstunde der Charité, die die Lebensqualität von Langzeitüberlebenden verbessern will. „Wir haben an der Charité nur 15 Minuten pro Patientin und kaum die Möglichkeit danach zu fragen“, berichtete die Ärztin. Hier müsse man überlegen, ob dies eine Pflegefachkraft oder ein digitales Tool übernehmen könne.
„Emanzipation“ der Patientinnen und Patienten
Neben Survivorship wurde auf dem DKK auch das Thema Patientenbeteiligung auf vielfältige Weise aufgegriffen. So war etwa die Patientenakademie PEAK mit vier Sessions vertreten. Ihr Ziel ist es, Patienten zur Beteiligung zu befähigen.
Wie sich die Rolle von Betroffenen entwickelt hat, berichtete auch die Brustkrebs-Überlebende und Patientenvertreterin Ulla Ohlms. Vor etwa zwanzig Jahren hätten Patientinnen begonnen, auf Krebskongresse zu gehen, sie hätten zugehört, mitgeschrieben. „Wenn ich mir das Programm dieser Krebskonferenz anschaue, sehe ich, dass in etlichen Sessions Patientinnen und Patientenvertreter als Redner vorgesehen sind, Welche eine Entwicklung, vielleicht könnte man sogar von Emanzipation sprechen!“
Auftrag an die Forschung
Markus Wartenberg, ebenfalls Patientenvertreter und Mitglied im Patientenforschungsrat des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) betonte, es brauche einen Kulturwandel: Patienten, die das mittragen, aber auch Forschende und Ärzte. Forschende müssten sich Gedanken machen, wie man die Bedürfnisse von Betroffenen besser erheben kann, forderte zum Beispiel Dr. med. Annabel Alig von der Charité.
Prof. Anja Mehnert-Theuerkauf wiederum berichtete aus der Forschung, es fehlten Daten zum subjektiven Bedürfnis von Betroffenen nach Unterstützung, dem objektiv vorliegenden Bedarf sowie der Inanspruchnahme psychoonkologischer Versorgung. Oft sei in Studien auch die Patientengruppe aus unteren sozialen Schichten unterrepräsentiert. Dies werde nun mit Unterstützung der Deutschen Krebshilfe untersucht.
Patientinnen und Patienten und Survivors als Gradmesser
Am Ende von vier inhaltlich dichten DKK-Tagen ist klar: Der facettenreiche Dialog aller Beteiligten wird dazu beitragen, Forschung und Versorgung noch stärker auf die Bedürfnisse von Menschen mit und nach einer Krebserkrankung auszurichten. Sicher ist ebenso: Dafür wird sich auch die Nationale Dekade gegen Krebs in den kommenden Jahren weiter einsetzen.