Lebendige Medikamente
Die CAR-T-Zelltherapie kann Lymph- und Blutkrebs heilen, wenn herkömmliche Behandlungen nicht mehr helfen. Das Bundesforschungsministerium fördert nun eine Studie, um eine neuartige zelluläre Immuntherapie für Non-Hodgkin-Lymphome zu entwickeln.
Die CAR-T-Zelltherapie kann Lymph- und Blutkrebs heilen, wenn herkömmliche Behandlungen nicht mehr helfen. Das Bundesforschungsministerium fördert nun eine Studie, um eine neuartige zelluläre Immuntherapie für Non-Hodgkin-Lymphome zu entwickeln.
Non-Hodgkin-Lymphome (NHL) entstehen aus Lymphozyten. Das sind kleine weiße Blutkörperchen, die eine wichtige Rolle in der Immunabwehr spielen. Werden Lymphozyten bösartig, können sich verschiedene NHL ausbilden. Die aggressiveren Formen wachsen schnell und breiten sich schnell im Organismus aus. Besonders schwer sind sie zu behandeln, wenn es nach der Ersttherapie zu einem Rückfall kommt. Und hier kommt die CAR-T-Zelltherapie ins Spiel.
Künstliche Fühler helfen Krebszellen zu erkennen
T-Zellen sind Teil des Immunsystems. Sie haben im menschlichen Körper die Aufgabe, durch das Blut-/Lymph- und alle Organsysteme zu streifen und krankmachende Strukturen über so genannte Antigene zu erkennen. An alles, was sie als fremd oder schädlich einstufen, heften sich die T-Zellen an und lösen damit die Vernichtung aus. Ein großes Problem besteht allerdings darin, dass die Lymphom-Krebszellen sich gegenüber den T-Zellen unsichtbar machen und so die körpereigene Abwehr unterlaufen.
Mit einem innovativen Verfahren, der CAR-T-Zelltherapie, können patienteneigene T-Zellen ganz gezielt auf Krebszellen abgerichtet werden.
Dafür entnimmt man dem Betroffenen zunächst körpereigene T-Zellen. Im Labor werden diese mit einem künstlichen „Fühler“ für eines der Oberflächenproteine ausgestattet, das auf Krebszellen häufig vorkommt. Bislang werden vor allem Fühler eingebaut, die sich gegen das Oberflächenprotein „CD19“ richten.
Die so modifizierten T-Zellen (nun zu CAR-T-Zellen geworden, s. Kasten), erhält der Betroffene per Infusion wieder zurück. Da sie nun den Feind (die Krebszellen) erkennen, wirken sie im Körper wie ein lebendiges Medikament, das sich sogar vermehrt und die Tumorzellen über einen langen Zeitraum bekämpft.
Ein neuer Angriffspunkt
Nun wollen Forschende der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max Delbrück Center (MDC) in einem vom Bundesforschungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt ein weiteres Oberflächenprotein, das „CXCR5“, auf Krebszellen adressieren. CXCR5 eignet sich möglicherweise noch besser als Angriffspunkt zur Behandlung von Lymphdrüsenkrebs als CD19. Dafür statten sie die T-Zellen mit einem künstlichen Fühler für das CXCR5 aus – das Ergebnis: CXCR5-CAR-T-Zellen. Denn, so erklärt Projektleiter Prof. Ulrich Keller von der Charité: „Nicht alle Patienten sprechen auf die CD19-CAR-T-Zellen an.“
Während CD19 auf Krebszellen in unterschiedlicher Menge vorkommt, ist CXCR5 auf allen Lymphdrüsenkrebszellen recht gleichmäßig verteilt. Zudem tragen es auch Zellen in der Umgebung des Tumors, die sein Wachstum unterstützen. „Diese Eigenschaften machen CXCR5 zu einem einzigartigen Ziel für CAR-T-Zelltherapien“, bekräftigt Privatdozentin Dr. Uta Höpken vom MDC.
Aufwändige Herstellung
Die Projektbeteiligten haben bereits jahrelang in aufwändigen Vorversuchen in Zellkulturen und Mäusen die Zuverlässigkeit der CAR-T-Zellen mit dem CXCR5-Fühler ermittelt. Die Tauglichkeit beim Menschen wollen sie nun in der neuen Studie überprüfen. Dabei testen die Medizinerinnen und Mediziner zunächst die Sicherheit der Therapie bei Patientinnen und Patienten mit Non-Hodgkin-Lymphom und prüfen zugleich die Wirksamkeit. Bei erfolgversprechenden Ergebnissen soll eine Studie mit mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmern folgen.
Sobald die klinische Studie behördlich genehmigt ist, beginnt die Rekrutierung von maximal 24 Probandinnen und Probanden, bei denen die NHL-Standardtherapie nicht angeschlagen hat. Die Studie startet aller Voraussicht nach Anfang 2024.
Prof. Keller betont, dass die Herstellung der CAR-T-Zellen mit diesem neuen Rezeptor noch nicht etabliert und sehr aufwändig sei. Daher sei „eine solche Studie nur mit Förderungen finanzierbar“.
Das BMBF fördert das Projekt CXCR5_CAR mit rund 4,6 Millionen Euro, um Therapien für Erkrankungen auf den Weg zu bringen, die bisher nicht oder nur schwer behandelbar sind.