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Mit KI gegen Krebs: Personalisierte “Killerzellen”

Das EU-Projekt AIDPATH entwickelt eine automatisierte Produktionsanlage, mit der CAR-T-Zellen kostengünstiger, individueller und vor Ort in der Klinik hergestellt werden können. Das verkürzt die Wartezeit für Betroffene und verbessert den Zugang zu dieser Therapieform.

CAR-T-Zellen sind körpereigene, gentechnisch optimierte “Killerzellen gegen Krebs”, die bei einigen Krebsarten die einzige Option auf Heilung sind. Bislang ist die Herstellung von CAR-T-Zellen sehr teuer und zeitaufwändig. Ein EU-Projekt möchte nun erstmals eine automatisierte und intelligente Anlage für die Herstellung entwickeln, die kompakt und direkt am Behandlungsort einsetzbar ist. Das soll eine schnellere und kostengünstigere Produktion von CAR-T-Zellen ermöglichen und wäre ein bedeutender Schritt, um personalisierte Krebstherapie besser verfügbar zu machen. Die in dem Anlagentyp produzierten CAR-T-Zellen sollen zudem dank integrierter KI noch besser auf den einzelnen Erkrankten zugeschnitten sein.

Industrie trifft Wissenschaft

Bei dem Vorhaben arbeiten Forschungsinstitutionen und Industriepartner aus ganz Europa Hand in Hand. Begonnen hat das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen mit dem Engineering der Anlage. Derzeit wird sie am Uniklinikum Würzburg (UKW) aufgebaut, wo mit dem Prototyp nun Zellen produziert werden. Die AIDPATH CAR-T-Zellen werden getestet, um sicherzustellen, dass sie sicher und wirksam sind. Zuerst prüft man, ob sie gesund wachsen und das neue Gen richtig aufgenommen haben. Dann untersucht man, ob sie Krebszellen angreifen und Signale abgeben können. Der Projektname lautet “AI powered, Decentralized Production for Advanced Therapies in the Hospital”, oder kurz AIDPATH.

Automatisiert – Von der Reinigung bis zur Qualitätskontrolle

Das Herstellungsmodul

Die Anlage besteht aus zwei Modulen. Das eine ist das Herstellungsmodul, dessen Herzstück die „Waschanlage“ ist: Hier werden die weißen Blutkörperchen aus der Blutprobe des Patienten oder der Patientin gewaschen und in einen Puffer gegeben. Das ist eine Flüssigkeit, die die Zellen vor einer starken Schwankung des PH-Werts schützt, die sie schädigen kann. Anschließend werden die T-Zellen herausgefiltert und angereichert. Nach zwei bis drei Tagen bei optimalen Bedingungen im Bioreaktor haben sie sich vermehrt und kommen zurück in die Waschanlage und in einen neuen Puffer. Das alles passiert automatisiert, die Bedienenden bereiten die Anlage nur für den jeweils nächsten Prozessschritt vor.

Einbau des Krebsfühlers

Im nächsten Schritt gelangen die T-Zellen in einen Elektroporator, der die Zellhüllen mit einem Elektroschock kurzzeitig durchlässig macht. Die so vorbereiteten T-Zellen werden mit dem genetischen Code für den „Krebsfühler“ (CAR) zusammengebracht. Über die entstandenen kleinen Löcher an der Oberfläche dringt die CAR-Bauanleitung ein. Die Zellen bauen den CAR-Fühler auf ihrer Oberfläche ein, der ihnen hilft, den Krebs zu erkennen. Nach erfolgreicher Teilung kommen die fertigen CAR-T-Zellen ein letztes Mal in die Waschanlage, um sie in ein spezielles Medium zu überführen, mit dem sie den Betroffenen später intravenös verabreicht werden können.

Automatisierung und Individualisierung

Hier sieht man einen Ingenieur des AIDPATH-Projektes während der Arbeit am Roboterarm. Ein Ingenieur des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT prüft die Funktionsfähigkeit des Roboterarms.
Ein Ingenieur des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie IPT prüft die Funktionsfähigkeit des Roboterarms. © Kirstin Linkamp/UKW

In der Anlage arbeiten Maschinen und Geräte über standardisierte Schnittstellen zusammen und werden von KI-unterstützter Software gesteuert. Die KI legt anfängliche Produktionseinstellungen fest, überwacht und optimiert die Bedingungen im Bioreaktor, so dass die Zellen sich wohlfühlen und bestmöglich vermehren. Der Algorithmus meldet, wenn die gewünschte Zellzahl erreicht ist. Auch die Ressourcenplanung sowie vor- und nachgelagerte Prozesse sind KI-gestützt. Die Anlage integriert klinische Datenbanken, um CAR-T-Zellen individuell auf den vorliegenden Krebs abzustimmen.

Kontrolle vor der Anwendung

Zu mehreren Zeitpunkten während der Herstellung und zur finalen Qualitätskontrolle bevor CAR-T-Zellen zum Patienten gelangen, durchlaufen sie noch das Qualitätskontrollmodul. Dessen Herzstück ist ein Roboter, der die in kleine Röhrchen abgefüllten Zellen durch verschiedene Messgeräte schleust. Unter anderem wird hier die Funktionalität der eingebauten Krebsfühler (CARs) analysiert. Die Informationen, die hier über das Produkt gewonnen werden, kann die KI in die Optimierung des Herstellungsprozesses einfließen lassen.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das AIDPATH-Projekt im Rahmen von Horizont 2020, dem EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation.

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