KI für präzisere Darmkrebsbehandlung
Je früher man Darmkrebs und erbliche Anlagen dazu diagnostiziert, desto besser sind die Heilungschancen. Die KI-Methode des Schwarmlernens ermöglicht genau dies – und noch viel mehr.
Bei Darmtumoren kann Künstliche Intelligenz (KI) auf der Basis von Gewebeproben die Antwort des Immunsystems und das Risiko für Metastasen vorhersagen. Auch die Erfolgsaussichten der Behandlung und damit das Überleben der Patientinnen und Patienten lassen sich mithilfe von KI-ausgewerteten Gewebeproben bestimmen. Das konnten Forschende anhand von 5.000 Daten von Erkrankten bereits zeigen. Ihre Ergebnisse haben sie in der renommierten Fachzeitschrift „Nature Medicine“ veröffentlicht. Mit dem fachübergreifenden Projekt „DECADE“ wollen sie dieses Wissen nun ausbauen.
„KI-Tools werden in der klinischen Routine bisher erst zögerlich eingesetzt“, sagt Jakob N. Kather, Projektleiter und Professor für Clinical Artificial Intelligence am Else Kröner Fresenius Zentrum für Digitale Gesundheit an der Technischen Universität Dresden und dem Universitätsklinikum Dresden. „Ein Grund ist, dass der Datenaustausch zwischen Krankenhäusern durch rechtliche und ethische Hürden, vor allem in Deutschland, stark eingeschränkt wird. Eine Lösung für dieses Problem ist Schwarmlernen.“
Wissenstransfer durch Schwarmlernen
Schwarmlernen ist eine spezielle Methode des maschinellen Lernens. Das bedeutet, dass Künstliche Intelligenz an verschiedenen Klinik-Standorten große Datenmengen auswertet und darin Muster erkennt. Lediglich die daraus resultierenden Ergebnisse, die keine Rückschlüsse auf personenbezogene Daten mehr ermöglichen, werden danach innerhalb des Projektteams ausgetauscht und erneut durch KI analysiert. So bleiben die Patientendaten geschützt und die Algorithmen können trotzdem lernen. „Die rechtlichen Anforderungen an den Schutz sensibler Gesundheitsdaten sind hoch. Die innovative Methode des Schwarmlernens ermöglicht es, die Vorteile der Zusammenarbeit und des Wissenstransfers zwischen verschiedenen Forschungseinrichtungen zu nutzen, ohne die Datenschutzbestimmungen zu verletzen“, erklärt Professor Tom Lüdde, einer der Projektpartner und Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie am Universitätsklinikum Düsseldorf.
Bessere Vorsorge und Therapieplanung
Von den Ergebnissen dieser innovativen Methode könnten viele Patientinnen und Patienten profitieren. In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 26.000 Frauen und 33.000 Männer an Darmkrebs. Von der häufigsten erblichen Ursache für Darmkrebs, dem Lynch-Syndrom, sind ungefähr 300.000 Menschen in Deutschland betroffen. Allerdings werden bisher nur fünf bis zehn Prozent davon identifiziert. Auch das soll sich mithilfe des Schwarmlernens ändern. „Durch den Einsatz von dezentralisierter Künstlicher Intelligenz und Schwarmlernen hoffen wir, die Diagnose, Prognose und Therapieplanung bei Darmkrebspatienten zu verbessern“, fasst Projektleiter Jakob N. Kather zusammen.
Das Forschungsprojekt DECADE – Dezentralisierte Künstliche Intelligenz für Diagnose, Prognose und Therapievorhersage bei Darmkrebs – wird von der Deutschen Krebshilfe mit rund 1,5 Millionen Euro für drei Jahre (2023-2026) gefördert. Projektpartner sind die Universitätskliniken und Universitäten in Bonn, Dresden, Düsseldorf, Heidelberg und Mainz.